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J. R. R. Tolkien, Der Herr der Ringe

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Publiziert in den Jahren 1954 und 1955

 

Mit geschätzt 150 Mio. verkauften Exemplaren ist „Der Herr der Ringe“ nicht nur der am meisten verkaufte Roman der Moderne, sondern auch der Beginn dessen, was wir heute als Fantasy bezeichnen.

 

Fantasy ist eigentlich eine Rundumerneuerung des aus der Mode gekommenen Märchens. Es spielt in einer Welt, die ausschließlich im Kopf des Autors existiert. Ihr Schöpfer gibt dieser Welt seine Regeln, belebt sie mit seinen Charakteren, mit Elben und Zwergen, Orks und Nazgul. Ob diese Welt unserer eigenen ähnlich sieht oder nicht, steht allein in seiner Macht.

 

J. R. R. Tolkins hat für seine kleinen Helden Mittelerde erschaffen. Es ist eine gefährliche Welt: Denn was vermag ein friedlicher Hobbit wie Frodo Beutlin gegen den mächtigen Sauron? Frodo braucht kriegerische Freunde, die mit ihm gehen und ihm den Weg zum Schicksalsberg bahnen. Und doch ist dieser liebenswerte Held am Ende ganz auf sich allein gestellt, um seine Heimat vor dem Sieg des Bösen zu retten.

 

Und was hat das nun mit Dystopien zu tun? Nichts. Denn Tolkiens Roman ist die Fortentwicklung der Dystopie. Fantasy löst die schrecklichen Zukunftsvisionen ab. „Der Herr der Ringe“ ist die Bankrotterklärung des Autors, der sich für unsere reale Welt kein glückliches Ende mehr vorstellen kann. Ob Kalter Krieg, Terrorismus, Umweltverschmutzung oder Massenarbeitslosigkeit, auch in unserer Welt ist das Individuum hilflos bösen Mächten ausgesetzt.

 

Dazu haben viele den Glauben an einen allmächtigen Gott verloren, der irgendwie das ganze Schlamassel doch noch zu einem guten, sinnvollen und glücklichen Ende führt.

 

Nun kann kein Mensch ohne Hoffnung leben. Und hier setzt „Der Herr der Ringe“ an. Er schildert eine Welt, in der es gerade der kleine, der unbedeutende, der alltägliche Held ist, der die Welt retten muss und wird. Sein Leben macht den entscheidenden Unterschied. Frodo Beutlin und Sam Gamdschie haben unendlich viele Nachfolger. Sie heißen Harry Potter und Wanda, Percy Jackson und Eragon, Gwendolyn Shepard und Luke Skywalker. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie leben ein normales Leben, bis sie entdecken, dass sie dazu ausersehen sind, die Welt zu retten. Und das schaffen sie auch. Fantasy Romane gehen immer gut aus.

 

Es ist der uralte Monomythos, die große Heldenfahrt, jene archetypische Grundstruktur, die an ein uraltes Bedürfnis in uns anknüpft: „Der Herr der Ringe“ versichert seinem Leser auf jeder Seite, dass die Welt schlecht ist. Und er tröstet ihn damit, dass für eine reine Seele in dieser schlechten Welt trotzdem der Sieg möglich ist.

 

Jeder einzelne von uns ist der Held seiner eigenen Lebensgeschichte. Und wenn uns moderne Märchen wie „Der Herr der Ringe“ den Glauben zurückgeben können, dass wir alltäglichen Menschen in unserem alltäglichen Leben all die Widrigkeiten des Alltags bewältigen können, dann hat das Buch seinen Zweck erfüllt.

 

Warum wir ausgerechnet in einer Zeit, in der es dem Menschen so gut geht wie niemals zuvor, Fantasy Literatur brauchen, das ist eine andere Frage.

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