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Stehende Helvetia, Eichenlaub und Almenrausch: mit Alpenimage und bürgernaher Bildsprache emanzipiert sich der Schweizer Franken ab 1875 vom Franc

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Der Schweizer Franken von heute trägt dasselbe Bild wie im Jahre 1875. Überhaupt hat seit der Einführung des Franken im Jahr 1850 das Motiv nur einmal gewechselt. Dieser Podcast erklärt die Darstellungen und deren Bedeutung.


Begleiten Sie uns auf unserer Reise durch die Welt des Geldes. Heute machen wir Halt in der Schweiz. Wir befinden uns im Jahr 1875 nach Christus.

 

So sieht das Geld aus, mit dem heute in der Schweiz gezahlt wird [Abb.].

 

Und so sah es schon im Jahre 1875 aus [Abb.]. In jenem Jahr wurden zum ersten Mal Schweizer Franken mit dem Bild der stehenden Helvetia geprägt. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Schweizer Währung bereits seit einem Vierteljahrhundert.

 

Sie war eine der ersten Errungenschaften des eidgenössischen Bundesstaats, der 1848 gegründet wurde. Zu lange hatte ein Wirrwarr von Währungen die Wirtschaft behindert. Die neue Schweiz beschloss, eine einheitliche Währung auf ihrem Gebiet einzuführen.

 

Im Jahr 1850 wurde der erste Schweizer Franken geprägt. Schon der Name weist darauf hin, welche Währung als Vorbild diente.

 

Frankreich galt unter seinem neuen Herrscher Napoleon III. als die stärkste Wirtschaftsmacht des Kontinents. Französische Francs kursierten in ganz Europa. Trotzdem kam es zwischen der deutschen und der französischen Schweiz zu einem vehementen Streit darüber, ob man sich dem süddeutschen oder dem französischen Währungsraum anschließen solle. Die Welschschweiz setzte sich durch, und der Franc wurde zum Vorbild des Franken.

 

Auch der französische Franc zeigte einen Kranz auf der Rückseite. Darin finden wir die Wertbezeichnung und die Jahreszahl. Dieser Kranz war aus Eichenlaub gewunden.

 

Der Kranz auf dem schweizerischen Franken ist abwechslungsreicher gestaltet. Die linke Seite besteht aus Eichenlaub, die rechte Seite aus Almenrausch.

 

Eichenlaub wurde im 19. Jahrhundert häufig auf Münzen verwendet, wenn ein Staat sich als besonders bürgernah charakterisieren wollte. Man bezog sich damit auf die Antike: Die Bürgerkrone, die demjenigen verliehen wurde, der einem römischen Bürger das Leben gerettet hatte, bestand zur Zeit der römischen Republik aus Eichenlaub.

 

Der Kranz aus Almenrausch dagegen war im 19. Jahrhundert ein neues Symbol. Er trägt der Tatsache Rechnung, dass die Schweizer sich damals gerne als Bergbewohner beschrieben. Die galten im 19. Jahrhundert nämlich als besonders freiheitsliebend und demokratisch. Schiller hatte den Tell und die demokratische Schweiz in ganz Europa bekannt gemacht.

 

Deshalb spielen die Berge auf den ersten Franken eine so entscheidende Rolle. Auf der Vorderseite sitzt Helvetia, die Personifikation der Schweiz, mitten in einer erhabenen Bergkulisse. Ihre linke Hand stützt sie auf einen Schild mit dem Schweizer Kreuz, dem Wappen der Eidgenossenschaft. Dahinter sind Weizenähren und ein Pflug zu sehen. Solche Attribute verwendete man gerne im 19. Jahrhundert. Sie standen für die Fruchtbarkeit des Landes. Dass Helvetia ihren Arm so unmotiviert nach vorne streckt, liegt an den Vorbildern, die Antoine Bovy, der Schöpfer dieses Münzbilds, benutzte.

 

Er orientierte sich an den Göttinnen, die die römischen Bronzemünzen bevölkerten. Viele von ihnen hielten eine Schale oder ein anderes Attribut in der rechten Hand, das sie demonstrativ nach vorne streckten. Die Schale entfiel bei Bovy; die Geste behielt er bei.

 

Übrigens, auch wenn der Entwurf aus der Schweiz kam - die ersten Franken taten dies nicht, wie uns die Münzmeisterzeichen verraten: Die Hand und der Flügel stehen für Charles-Louis Dierickx, den Direktor der französischen Münzstätte von Paris. Für sie steht auf der Rückseite der Buchstabe A.

 

Heute findet man auf den schweizerischen Münzen den Buchstaben B. Er steht für Bern. Dort werden die Franken bis heute geprägt. Der Bundesrat war nämlich mit den französischen Produkten nicht recht zufrieden. Vor allem die vielen Fehlprägungen verärgerten die zuständigen Politiker.

 

Deshalb entschloss man sich zur Einrichtung der eidgenössischen Münzstätte, die am 1. September 1855 eröffnet wurde. Dort, wo heute im noblen Restaurant „Zur Münz“ die Gäste des Hotels Bellvue speisen, entstanden im Jahre 1875 die ersten Franken mit der stehenden Helvetia.

 

Die Berge im Hintergrund sind verschwunden. Das Alpenimage war nicht länger zeitgemäß. 1875 war die Schweiz ein hochindustrialisiertes Land, das stolz war auf seine boomende Wirtschaft.

 

Helvetia aber ist geblieben. Nun hält sie in ihrer rechten Hand einen Speer. Ihre linke Hand stützt sie immer noch auf den Schild mit dem Schweizer Kreuz.

 

Auch dieses zweite Motive des Ein-Franken-Stücks schuf Antoine Bovy, wie heute noch auf jedem Franken zu lesen ist: A. BOVY INCIDIT – also übersetzt: A. Bovy hat den Stempel geschnitten.

 

Und übrigens, in einem winzigen Detail unterscheidet sich der Franken in Ihrer Geldbörse von diesem Franken von 1875: Zählen Sie einmal die Sterne!

 

Auf diesem Stück sind es zweiundzwanzig, ein Stern für jeden Kanton. Doch als 1979 der Jura sich vom Kanton Bern abspaltete, zeitigte das auch numismatische Auswirkungen. Seit 1982 umgeben dreiundzwanzig Sterne die Helvetia.

 

Ach, noch eins, wenn Sie auf einen Franken stoßen, der vor dem Jahr 1968 ausgegeben wurde, dann haben Sie immer noch echtes Silber in der Hand, wenn auch nur ein bisschen, aber immerhin mehr als vier Gramm! 

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