Eulen nach Athen, die Silberminen von Laurion und Humankapital: Bergbau mit Mietsklaven brachte den Athenern und ihren Pächtern im 5. Jahrhundert v. Chr. höchste Renditen
Die Macht Athens basierte auf den Reichtümern von Laurion. Dort wurde mit Hilfe von Sklaven Silber abgebaut. Das war ein lukratives Geschäft. Ein Sklavenbesitzer konnte mit einer Rendite von 30% rechnen! Mehr dazu erfahren Sie in diesem Podcast.
Begleiten Sie uns auf unserer Reise durch die Welt des Geldes. Heute machen wir Halt in Laurion, den Silberminen von Athen. Wir befinden uns in der Zeit um 460 vor Christus.
„Eulen nach Athen tragen“: Mit diesem Sprichwort sind keine wirklichen Eulen gemeint, sondern die Münzen der Athener, ihre Tetradrachmen. Auf der Vorderseite zeigen diese Münzen den Kopf von Athena. Sie trägt einen attischen Helm, geschmückt mit Lorbeerblättern.
Auf der Rückseite ist ihr Tier, die Eule, oder zoologisch korrekt der Steinkauz abgebildet. Links oben sehen wir einen Olivenzweig mit einer Frucht und eine Mondsichel. Rechts findet sich das Ethnikon, also der Name derer, die die Münze prägen ließen.
Das Silber für diese athenische Münze kam aus Laurion. Diese Region erstreckte sich zwischen dem berühmten Tempel von Kap Sunion und der Hafenstadt Thorikos. Hier befand sich im 5. Jahrhundert vor Christus ein Bergbaugebiet, in dem Tausende von Sklaven arbeiteten.
Noch heute sieht man die Spuren des antiken Bergbaus, wenn man mit offenen Augen durch die Landschaft fährt. Die Archäologen haben mehr als 2.000 antike Schächte und Stollen nachgewiesen. Sie liegen zum Teil eng nebeneinander.
Steinerne Stützpfeiler trennten die Minen. Sie verhüteten nicht nur den Einsturz der Stollen, sondern waren offizielle Grenzsteine. Das Volk von Athen verpachtete seine Bergwerke nämlich an Privatunternehmer.
Wie viel das kostete, überliefert Demosthenes. Er berichtet, dass ein Mann namens Pantainetos 9.000 Drachmen für drei Jahre an die Athener zahlte, um eine Mine ausbeuten zu dürfen.
Ein 25 bis 55 Meter tiefer Schacht führte von der Oberfläche ins Erdinnere. Von ihm gingen die einzelnen Stollen ab.
Es war harte Arbeit, den Stollen voranzutreiben und so das Silber zu gewinnen. Zwei Sklaven arbeiteten zehn Stunden, um zehn bis zwölf Zentimeter weiter zu kommen. Einer grub mit Hammer, Meißel, Hacke und Brechstange. Der andere schaffte das losgeschlagene Gestein zum Ende des Stollens. Tag und Nacht wurde die Arbeit im Schichtbetrieb fortgeführt. Schließlich wollte der Pächter der Mine während seiner Pachtzeit möglichst viel Rendite erwirtschaften.
80 bis 90 Prozent des Betriebskapitals eines Bergwerksunternehmens stellten die Sklaven dar. Um so eine hohe Investition bei einer kurzen Pacht zu vermeiden, griffen die Bergwerkspächter auf Mietsklaven zurück. Denn statt in Aktienfonds investierten griechische Rentiers in Menschenfleisch.
150 bis 200 Drachmen kostete ein Sklave ohne besondere Kenntnisse. Für ihn erhielt sein Besitzer pro Tag rund einen Obol. Verzinst wurden auch die arbeitsfreien Tage oder wenn der Sklave krank war. Starb er oder floh er, musste der Bergwerksbesitzer Ersatz stellen. Es war also ein sicheres Geschäft. Der Rentier konnte mit einer Rendite von dreißig Prozent rechnen. Innerhalb von drei Jahren hatte sich die Anschaffung amortisiert. Bargeld-Darlehen brachten in klassischer Zeit dagegen nur zwölf Prozent. Sklaven zu besitzen, lohnte sich also.
Auch bei der Aufbereitung des Metalls brauchte man Sklaven. Frauen, Kinder und alte Männer sortierten das erzhaltige Gestein. Danach zerkleinerte man das Gestein in Mühlen und Mörsern.
Zuletzt wurde das Rohmaterial gewaschen. Durch genormte Kanäle floss das Wasser. Leichtes Gestein wurde weitergeschwemmt. Das schwere Silber sank auf den Boden.
Riesige Zisternen dienten im trockenen Laurion dazu, genügend Wasser für den Prozess aufzubewahren. Diese Vorratsspeicher konnten mehr als das Zwanzigfache des laufenden Bedarfs horten. Trotzdem ging man sorgfältig mit dem Rohstoff um und verwendete das Wasser mehrmals.
Auch die Verhüttung erfolgte im Bergbaugebiet. Es gab wohl einige wenige, zentral gelegene Hochöfen, zu denen das Erz aus allen Stollen gebracht wurde.
Das Silber von Laurion verschaffte Athen den entscheidenden wirtschaftlichen Vorteil. Damit verfügten die Athener über die Mittel, um ihre große Flotte aufzubauen. In der Schlacht von Salamis retteten die Schiffe der Athener die Freiheit Griechenlands.
Später gab eben dieses Silber Athen die Überlegenheit, sich an die Spitze des Delisch-Attischen Seebundes zu setzen. Als die Athener die gemeinsame Bundeskasse annektierten, verloren die Reichtümer von Laurion an Bedeutung.
Die Bundesgenossen waren es, die mit ihrem Silber die Prachtbauten der Akropolis finanzierten.