L‘Italie, délivrée à Marengo? Napoleons Weg nach Oberitalien und die französische Annexion der Subalpinischen Republik (1801/02)
Dieser Podcast stellt ihnen die erste italienische Münze im Dezimalsystem vor, geprägt im Auftrag Napoleons anlässlich seines Sieges in der Schlacht von Marengo.
Begleiten Sie uns auf unserer Reise durch die Welt des Geldes. Heute machen wir Halt in Italien. Wir befinden uns im Jahr 10 der französischen Republik, nach unserer Zeitrechnung irgendwo zwischen dem 23. September 1801 und dem 22. September 1802.
Das ist die erste italienische Münze im Dezimalsystem. Ich hoffe, Sie sind jetzt etwas irritiert, denn wie eine italienische Münze sieht dieses Stück ja nicht gerade aus. Die Sprache der Münzaufschrift ist französisch. Liberté – Egalité, das erkennen Sie sicher. Es handelt sich um den abgekürzten Leitspruch der französischen Revolution. Auch die Datierung stammt aus Frankreich. L’an dix steht für das 10. Jahr nach der Abschaffung der Monarchie. Und natürlich hat der Franc ebenfalls nichts mit Italien zu tun. Dieses Nominal war seit dem 17. April 1795 die französische Währungseinheit. Und trotzdem handelt es sich um eine italienische Münze. Herausgegeben wurde sie in Eridania.
Sie haben noch nie von Eridania gehört? Kein Wunder, den Namen hatten die Franzosen neu erfunden. Er war abgeleitet von Eridanus, der lateinischen Bezeichnung des Flusses Po. Eridania bezeichnete also das Land um den Po, oder wie dieser neue Staat auch genannt wurde, die Subalpinische Republik. Sub bedeutet auf Lateinisch unterhalb, also mit anderen Worten, das Land unterhalb der Alpen.
Diese subalpinische Republik war ein Staat von französischen Gnaden. Oder wie die Münze sagt: L’Italie délivrée à Marengo, also Italien befreit bei Marengo. Wobei das natürlich die französische Deutung war.
Viele Fürsten sahen das anders. Vor allem der österreichische Kaiser fürchtete um seinen Einfluss in Norditalien. Er hatte sich mit dem König von Neapel, dem Papst, dem russischen Zaren und den Königen von Großbritannien und Portugal verbündet, um das revolutionäre Frankreich von weiteren Eroberungen abzuhalten.
Die österreichische Diplomatie rechnete mit einem schnellen Sieg, denn in Frankreich ging es drunter und drüber. Es hatte einen Staatsstreich gegeben, der einen jungen General ganz nach oben schwemmte. Der hieß Napoleon Bonaparte und hatte gerade seinen Feldzug in Ägypten buchstäblich in den Sand gesetzt. Warum sollte man auf Napoleons Friedensbemühungen eingehen? Er würde nur zu bald der Vergangenheit angehören...
Doch das Gegenteil war der Fall. Napoleon überquerte mit einer frischen Armee wie einst Hannibal die Alpen und stellte sich der österreichischen Übermacht. Die Entscheidung fiel in der Schlacht von Marengo. Beinahe hätten die Österreicher gewonnen. Sie verfügten über viermal so viele Kanonen wie die Franzosen. Doch ein glücklicher Zufall wendete das Schicksal. Nachdem sich der österreichische General im Glauben, gesiegt zu haben, zurückgezogen hatte, erfolgte eine weitere Attacke der Franzosen. Die österreichische Kavallerie geriet dabei in Panik. Bei ihrer wilden Flucht riss sie das Fußvolk mit. Napoleon behauptete nicht nur das Schlachtfeld, er erbeutete dazu die gesamte österreichische Artillerie und der Weg nach Oberitalien war frei.
Und genau das feiert diese Münze. Auch wenn von Napoleon keine Rede ist: Sein Sieg steht im Mittelpunkt. Auf der Vorderseite ist eine weibliche Personifikation abgebildet. Wer das ist? Nun, man hat die Dame wegen ihres Helms als Minerva deuten wollen, aber das ist viel zu kurz gegriffen. Sie ist ein Bild für den freien Staat, gerüstet mit dem Helm und geschmückt mit dem Lorbeerkranz des Sieges. Solche Frauenköpfe hatten auch auf den französischen Münzen die alten Herrscherporträts verdrängt.
Napoleon versprach seinen neuen Untergebenen mit dieser Münze den Sieg von Freiheit und Gleichheit. Neue Gesetze, neue Maße, neue Gewichte, alles nach französischem Vorbild. Viele empfanden dies nur als eine neue Form der Herrschaft. Und tatsächlich, am 11. September 1802 annektierte Frankreich die Subalpinische Republik. Von Freiheit und Gleichheit war danach nicht mehr viel zu spüren.