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Propaganda-Coup zur Zeit Neros: Wie der römisch-parthische Vertrag über Armenien 58 n. Chr. in Münzbildern als Friedensschluss inszeniert wird – und von innenpolitischen Problemen ablenkt

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Zu seiner Zeit war Nero durchaus ein beliebter Kaiser. Und als er den Bruder des parthischen Königs empfing, feierte ganz Rom mit ihm.

 

Begleiten Sie uns auf unserer Reise durch die Welt des Geldes. Heute machen wir Halt in Rom. Wir befinden uns im Jahr 65 nach Christus.

 

Von diesem Herrn haben Sie sicher nur Schlechtes gehört. Wahrscheinlich wird Nero für Sie immer ein bisschen aussehen wie Peter Ustinov. Seine Darstellung im Film „Quo Vadis“ hat unser Bild von Nero stärker geprägt als alle antiken Quellen zusammen.

 

Dabei war Nero zu seiner Zeit gar nicht so unbeliebt. Er hatte frischen Wind in den Palast gebracht. Auch wenn sich die ehrwürdigen Senatoren darüber empörten, versuchte da ein junger Mann ernsthaft, seine künstlerischen Fähigkeiten zu entfalten. Das fanden viele liberale Köpfe ziemlich gut. Das politische Tagesgeschäft besorgten derweil zwei erfahrene Politiker, darunter der Philosoph Seneca. Erst nach dessen Rückzug entschlossen sich einige Senatoren, Nero zu beseitigen. Sie waren Dilettanten. Die Verschwörung wurde entdeckt und viele Mitglieder der Oberschicht verloren ihr Leben.

 

Das war natürlich ein propagandistisches Desaster. Nero brauchte etwas, um die Verschwörung aus den Köpfen der Menschen zu verdrängen. Und da spielte ihm die politische Großwetterlage in die Hände: Der Bruder des parthischen Königs kam höchstpersönlich nach Rom, um sich von Nero die Herrschaft über Armenien verleihen zu lassen.

 

Armenien war der Puffer zwischen dem römischen und dem parthischen Reich. Immer wenn es zum Krieg kam, bekriegte man sich in Armenien. Mal siegte der eine, mal der andere. Meistens siegten die Parther. Doch stur wie die Römer nun mal sein konnten, schickten sie eine Legion nach der anderen.

 

Im Jahr 58 war es ihnen gelungen, zur Abwechslung einen Mann Roms an die Macht zu bringen. Eigentlich hätte nun ein neuer Krieg folgen müssen, wäre es dem parthischen König Vologases I. nicht zu dumm geworden. Er schlug einen Kompromiss vor: Sein Bruder würde die Herrschaft über ein entmilitarisiertes Armenien aus der Hand Neros entgegennehmen.

 

Nero war begeistert. Das konnte er propagandistisch verwenden! Es gab eine großartige Feier und unzählige Münzen, die den Sieg feierten. Sie zeigen auf der Rückseite eine Darstellung, die man nicht gleich mit Armenien in Verbindung bringt: Den Ianustempel.

 

Der Ianustempel war sozusagen die offizielle Türschwelle des römischen Reichs. Es handelte sich um eine Art Torbau mit zwei großen Toren, einem nach innen und einem nach außen. Darin spiegelt sich der Herr des Tempels, der Gott Ianus, der unserem Januar seinen Namen gegeben hat. Dieser Gott besaß zwei Gesichter, eines, das nach innen, und eines, das nach außen blickte, eines, das die Vergangenheit, und eines, das die Zukunft fixierte.

 

Der Ianustempel war kultisch äußerst wichtig. Er diente auf staatlicher Ebene ganz ähnlichen Zeremonien, wie sie jeder Bürger an seiner privaten Türschwelle durchführte, um sich so die Gunst des Ianus bei Unternehmungen draußen zu sichern, und den Schutz des Gottes für das drinnen zu erflehen. Wenn ein Heer in den Kampf zog, wurde die Pforte des Ianustempels unter großem zeremoniellen Aufwand geöffnet; bei der siegreichen Rückkehr wieder geschlossen. Nun führte Rom aber eigentlich immer Krieg, so dass die Pforten des Ianustempels Jahrhunderte lang offen standen.

 

Augustus benutzte das für seine eigene Propaganda. Stolz verkündete er in seinem Tatenbericht: Der Tempel des Janus Quirinus, der nach dem Wunsch unserer Vorväter geschlossen sein sollte, wenn im gesamten römischen Reichsgebiet zu Wasser und zu Lande durch Siege errungener Friede herrschte - dies soll, so wird überliefert, vor meiner Geburt seit Gründung der Stadt überhaupt erst zweimal geschehen sein - dieser Tempel wurde, während ich der erste Mann des Staates war, auf Anordnung des Senats dreimal geschlossen.

 

Und genau daran knüpfte Nero mit seinem Sesterz an. Er war eben genauso gut wie Augustus. Pace populi Romani terra marique parta – so lautet die Umschrift. Übersetzt: Er schloss den Ianustempel, auf Grund des für das römische Volk geschlossenen Friedens zu Land und zu Wasser. Nero verwendete für seine Münzumschrift sogar exakt dieselben Wörter wie Augustus in seinem Tatenbericht.

 

Dazu zeigt die Münze den Ianustempel. Allerdings in einer für uns ungewohnten Perspektive. Das über Eck gesehene Gebäude wird sozusagen aufgeklappt. Der Eingang und die Seitenmauer auf einer Ebene gezeigt. Auf jeden Fall ist die geschlossene Pforte deutlich zu erkennen. Sie ist links und rechts von einer Säule gerahmt und mit einer Girlande geschmückt.

 

Auch seine Feinde begriffen diesen diplomatischen Sieg Neros als seinen großen Triumph. Und Verschwörung hin oder her: Nero fühlte sich danach so sicher, dass er es wagte, sich einen lang gehegten Traum zu erfüllen: Er reiste nach Griechenland, um dort bei den Olympischen Spielen zu siegen.

 

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