Das rote Haushaltsbuch des Sonnenkönigs Ludwig XIV.– Versailles, kein Beispiel für Verschwendung!
Historikerin Dr. Ursula Kampmann kennt einen Herrscher, der mittels eines in rotes Leder gebundenen Haushaltsbuchs die Finanzen seines Staats wieder in Ordnung gebracht hat. Sein Name wird Sie überraschen .... Es war Ludwig XIV. von Frankreich, der Sonnenkönig.
So, jetzt habe ich diese neue App installiert, mit der ich meine Ausgaben kontrollieren kann. Damit gehöre ich zu einer Minderheit. Habe ich jedenfalls gelesen. Nur 18 Prozent der deutschen Haushalte sollen über ihre Einnahmen und Ausgaben Buch führen. Vielleicht liegt es daran, dass etwa 10 % aller Deutschen verschuldet sind.
Nun, ein Kontobuch zu führen ist ein probates Mittel gegen Schulden, und dafür habe ich auch ein historisches Beispiel. Ich kenne einen Herrscher, der mittels eines in rotes Leder gebundenen Haushaltsbuchs die Finanzen seines Staats wieder in Ordnung gebracht hat. Sein Name wird Sie überraschen.
Es war Ludwig XIV. von Frankreich. Ja, genau, der Sonnenkönig.
Ludwig XIV. war nicht immer der Sonnenkönig. Er war bei seinem Regierungsantritt ein kleiner Junge von gerade mal vier Jahren. Und das nutzten die Höflinge natürlich aus.
Das gab es zum Beispiel den Finanzminister Nicolas Fouquet. Der war ein Günstling des Kardinals Mazarin, der für Ludwig XIV. die Regierung führte.
Wichtig war beiden Männern, dass ständig genug Geld vorhanden war, um die aktuellen Ausgaben zu bestreiten. Wie Fouquet das beschaffte, interessierte Mazarin nicht.
Fouquet bediente sich eines weit verbreiteten Tricks. Er nahm Anleihen bei Privatleuten auf, die mit hohen Zinsen bei Eingang der Steuern zurückgezahlt wurden. Das tatsächliche Staatseinkommen blieb dadurch im Dunkeln, weil bei dem Durcheinander aus nationalen und lokalen Steuern, aus Zöllen und Abgaben sowieso kaum ein Durchkommen war. Fouquet fühlte sich auch nach Mazarins Tod in seinem Amt sicher, weil er glaubte, dass außer ihm niemand das komplexe Zahlengeflecht durchschauen würde.
Doch ihm erwuchs ein Gegenspieler: Colbert. Der war ein Zahlenmensch und hatte begriffen, dass Fouquet heimlich ein gewaltiges Defizit angehäuft hatte. Colbert gewann das Ohr des Königs und gemeinsam organisierten sie im Geheimen den Sturz Fouquets.
Der berühmte d’Artagnan kam persönlich, um Fouquet zu verhaften. Und der König nutzte sein Recht als absoluter Monarch, um den ehemaligen Finanzminister lebenslang hinter Gittern verschwinden zu lassen. Durchaus verständlich, wenn man bedenkt, dass Fouquet in den vergangenen Jahren fast die Hälfte der gesamten französischen Staatseinkünfte in seine eigenen Taschen umgeleitet hatte.
Fouquet hinterließ Schulden, gewaltige Schulden. Am Tag seiner Verhaftung war bereits das gesamte Einkommen des laufenden Jahres ausgegeben, dazu 26 Millionen Livres im Vorgriff auf den Staatshaushalt von 1662. Nicht zu vergessen die offenen Rechnungen, die sich auf 9,5 Millionen Livres aufaddierten.
Und hier kommen die in rotes Leder gebundenen Haushaltsbüchlein Ludwigs XIV. ins Spiel. In diese Bücher trug der Sonnenkönig persönlich alle Einkünfte ein und rechnete sie mit seinen Ausgaben auf. Mit einem einzigen Griff konnte er jederzeit genau sagen, wie viel Geld er momentan in der Staatskasse hatte. Ludwig XIV. wirtschaftete sorgfältig. Und bereits 1664 waren die Finanzen Frankreichs die gesündesten in ganz Europa.
Die Einnahmen betrugen 63.602.796 Livres. Die Ausgaben addierten sich auf 63.071.008 Livres. Der daraus resultierende Überschuss betrug zwar nur rund eine halbe Million Livres, aber immerhin!
Sein rotes Büchlein machte Ludwig zu einem sparsamen Bauherrn. Er machte keine Schulden für Versailles. Alle Kosten wurden aus dem laufenden Staatshaushalt gedeckt.
Der gesamte Bau inklusive der mindestens ebenso teuren Gärten verschlang 25 Millionen Livres von einem Staatshaushalt, der sich über die Jahre, in denen Versailles gebaut wurde, auf 2,6 Milliarden Livres aufaddierte. Damit lagen die Baukosten über die Jahre gesehen bei unter einem Prozent des Staatshaushalts.
Versailles hat Frankreich also nicht ruiniert. Das tat etwas anderes. Ludwig XIV. begann, Krieg zu führen. Und damit fuhr er immer größere Defizite ein. Nehmen wir zum Beispiel das Jahr 1706. Das war ein ziemlich normales Jahr im Spanischen Erbfolgekrieg.
Und in diesem Jahr wuchs der Jahresetat auf 220 Millionen Livres. Die Einnahmen betrugen im gleichen Jahr aber lediglich 50 Millionen Livres, so dass Ludwig XIV. in diesem einen Jahr 170 Millionen Livres Schulden machen musste.
Ludwigs neuer Finanzminister, Michel Camillart, blieb nichts anderes übrig, als auf die Methoden Fouquets zurückzugreifen und zu völlig überhöhten Zinsen Kredite von Privatleuten aufzunehmen.
Kein Wunder, dass Ludwig XIV. auf dem Sterbebett seinen Nachfolger warnte: „Ahme mich nicht nach in meiner Vorliebe für das Bauen und den Krieg, versuche im Gegenteil, mit deinen Nachbarn Frieden zu halten.“
Na ja, das mit dem Bauen hätte er sich sparen können. Das war an der Misere bestimmt nicht schuld.