Schefolds Reihe der Klassiker der Nationalökonomie
Schuber: Nicolaus Oresmius: „Tractatus de origine et natura, iure & mutationibus monetarum“
Nicolaus Oresmius (1320–1382) war ein bedeutender Gelehrter des Spätmittelalters, der sich intensiv mit der Natur des Geldes auseinandersetzte. In seinem Werk Tractatus de origine et natura, iure & mutationibus monetarum (1356) analysierte er die Herkunft, die rechtliche Natur und die Veränderungen von Münzen. Sein Traktat zählt zu den ersten systematischen Abhandlungen über Geldpolitik und beeinflusste später Ökonomen wie Jean Bodin und Adam Smith.
Oresmius argumentierte, dass Geld eine grundlegende gesellschaftliche Institution sei, deren Wert nicht willkürlich festgelegt werden dürfe. Er kritisierte die Praxis vieler mittelalterlicher Herrscher, Münzen abzuwerten oder die Legierung zu verändern, um ihre finanziellen Bedürfnisse zu decken. Eine solche Manipulation des Geldes betrachtete er als moralisch verwerflich und wirtschaftlich schädlich. Er verglich sie mit einer versteckten Steuer, die das Vertrauen in die Währung und letztlich das wirtschaftliche Gleichgewicht untergrabe.
Ein zentraler Punkt seiner Argumentation war, dass Geld nicht dem Fürsten allein gehöre, sondern der gesamten Gesellschaft. Herrscher hätten daher kein uneingeschränktes Recht, Münzen nach Belieben zu entwerten. Diese Ansicht stellte eine Herausforderung für das damals vorherrschende Verständnis der königlichen Macht dar, da Oresmius dem Gemeinwohl eine übergeordnete Rolle zuschrieb.
Darüber hinaus sah er eine enge Verbindung zwischen stabiler Währung und wirtschaftlicher Prosperität. Geld diene als Maßstab für den Wert von Gütern und als Tauschmittel – wenn sein Wert manipuliert werde, führe dies zu Marktstörungen, Inflation und sozialen Spannungen. Er plädierte daher für eine stabile Währungspolitik, die sich an objektiven Kriterien orientiere und nicht den kurzfristigen Interessen des Herrschers untergeordnet werde.
Oresmius’ Werk war für die Entwicklung der ökonomischen Theorie von großer Bedeutung, da es eine frühe Form der Geldpolitik formulierte, die auf Prinzipien wie Stabilität und Gerechtigkeit basierte. Seine Gedanken fanden später Widerhall in der klassischen Nationalökonomie und beeinflussten die Debatten über Geldwertstabilität und staatliche Eingriffe in die Währungsordnung. Auch in modernen Diskussionen über Inflation und Währungsreformen sind seine Einsichten weiterhin relevant.