Schefolds Reihe der Klassiker der Nationalökonomie
Oesterreich über alles wann es nur will. Das ist: wohlmeinender Fürschlag ...
Philipp Wilhelm von Hörnigks Oesterreich über alles wann es nur will (1684) ist eines der einflussreichsten Werke des deutschen Merkantilismus. Hörnigk entwickelt darin eine umfassende wirtschaftspolitische Strategie für das Heilige Römische Reich, insbesondere für Österreich, um wirtschaftliche Unabhängigkeit und nationale Stärke zu fördern.
Ein zentrales Anliegen des Werks ist die Idee der wirtschaftlichen Autarkie. Hörnigk plädiert dafür, dass ein Staat seine Ressourcen optimal nutzen und sich weitgehend selbst versorgen sollte. Er fordert, dass Rohstoffe innerhalb des Landes verarbeitet und nicht in unraffinierter Form exportiert werden. Dies solle dazu beitragen, den Wertschöpfungsprozess innerhalb der nationalen Wirtschaft zu halten und die Abhängigkeit von Importen zu minimieren.
Ein weiteres wesentliches Konzept ist die Förderung der Industrie. Hörnigk betont die Notwendigkeit, Manufakturen zu unterstützen und qualifizierte Arbeitskräfte im Land zu halten. Er empfiehlt, Anreize für Unternehmer zu schaffen und technologische Innovationen gezielt zu fördern, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Diese Idee steht im Kontext des Merkantilismus, der wirtschaftliche Entwicklung als Schlüssel zur politischen und militärischen Stärke betrachtet.
Hörnigk kritisiert zudem den unkontrollierten Import von Luxusgütern, die er als wirtschaftsschädlich ansieht. Stattdessen fordert er eine gezielte Wirtschaftspolitik, die den nationalen Konsum von heimischen Produkten bevorzugt. Dies steht in enger Verbindung mit seiner These, dass wirtschaftlicher Wohlstand zur Stärkung des Staates beiträgt und militärische Macht ermöglicht.
Besonders bemerkenswert ist Hörnigks Forderung nach einer aktiven staatlichen Wirtschaftspolitik. Er sieht den Staat in der Verantwortung, Wirtschaft und Handel zu regulieren und gezielt in Schlüsselindustrien zu investieren. Diese Vorstellung widerspricht liberalen Marktideen und stellt eine frühe Form wirtschaftlicher Intervention dar, die später in den dirigistischen Wirtschaftspolitiken Europas fortgeführt wurde.
Oesterreich über alles wann es nur will war ein einflussreiches Werk für die wirtschaftspolitischen Debatten seiner Zeit und diente als Grundlage für spätere merkantilistische Konzepte. Hörnigks Ideen zur Stärkung der nationalen Wirtschaft und zur Reduzierung von Abhängigkeiten sind auch in modernen Diskussionen über Wirtschaftspolitik und Protektionismus weiterhin relevant.