Schefolds Reihe der Klassiker der Nationalökonomie
Kagen [Vom Ursprung des Wertes]
Miura Baiens Kagen (1773) ist ein bemerkenswertes wirtschaftsphilosophisches Werk, das eine alternative Perspektive auf Wert und ökonomische Prozesse in der japanischen Frühmoderne bietet. Baien, ein japanischer Denker der Edo-Zeit, verband in seinem Werk ökonomische, naturwissenschaftliche und philosophische Überlegungen zu einer ganzheitlichen Theorie über das Wesen des wirtschaftlichen Wertes.
Ein zentrales Konzept in Kagen ist die Idee, dass Wert nicht allein aus physischen Ressourcen oder staatlicher Regulierung entsteht, sondern durch das Zusammenspiel von Natur, Arbeit und menschlichem Geist. Baien betrachtet wirtschaftliche Prozesse als dynamische Kreisläufe, in denen alle Elemente miteinander verbunden sind. Damit nähert er sich einer frühen systemtheoretischen Sichtweise an, die spätere westliche Wirtschaftstheorien in gewisser Weise vorwegnimmt.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Rolle des Handels. Baien argumentiert, dass wirtschaftliche Stabilität nicht durch Abschottung, sondern durch einen ausgewogenen Austausch von Waren und Wissen erreicht wird. Diese Haltung steht im Gegensatz zur isolationistischen Politik des Tokugawa-Shogunats, das den Außenhandel stark beschränkte. Indem er den Handel als unverzichtbaren Bestandteil einer funktionierenden Wirtschaft beschreibt, kritisiert Baien indirekt die damalige Wirtschaftspolitik Japans.
Baien beschäftigt sich zudem mit der Rolle des Geldes in der Gesellschaft. Er erkennt, dass Geld nicht nur ein Tauschmittel ist, sondern auch Macht und soziale Hierarchien beeinflusst. Während viele seiner Zeitgenossen Geld als potenziell schädlich für moralische Werte betrachteten, sieht Baien darin ein notwendiges Instrument zur Förderung wirtschaftlicher Dynamik – allerdings nur, wenn es auf produktive Weise eingesetzt wird.
Besonders bemerkenswert ist Baiens methodischer Ansatz. Er entwickelt ein strukturiertes Modell, das wirtschaftliche und gesellschaftliche Prozesse in einer Art Gleichgewicht beschreibt. Diese Herangehensweise erinnert an später entwickelte Gleichgewichtstheorien in der westlichen Ökonomie.
Kagen bleibt ein faszinierendes Werk, das wirtschaftliche Prinzipien aus einer einzigartigen Perspektive betrachtet. Miura Baien verbindet ökonomische, moralische und naturwissenschaftliche Ansätze zu einer holistischen Theorie, die auch über Japan hinaus von Interesse ist. Sein Denken zeigt, dass wirtschaftliche Theorien nicht nur im Westen, sondern auch in Asien unabhängig entwickelt wurden und alternative Sichtweisen auf wirtschaftliche Entwicklungen bieten können.