Schefolds Reihe der Klassiker der Nationalökonomie
Die räumliche Ordnung der Wirtschaft. Eine Untersuchung über Standort, Wirtschaftsgebiete und internationalen Handel
August Löschs Werk Die räumliche Ordnung der Wirtschaft von 1940 gilt als ein Meilenstein der Regionalökonomie und Standorttheorie. In einer Zeit, in der sich die Ökonomie vor allem mit gesamtwirtschaftlichen Größen und Gleichgewichten beschäftigte, wagte Lösch einen originellen Perspektivwechsel: Er fragte nicht nur, was produziert wird und wie viel, sondern vor allem wo wirtschaftliche Aktivität stattfindet – und warum gerade dort.
Ausgangspunkt seines Denkens ist die räumliche Verteilung wirtschaftlicher Aktivitäten. Aufbauend auf der zentralen Orte-Theorie von Walter Christaller entwickelte Lösch ein eigenes, dynamischeres Modell ökonomischer Raumordnung. Er ging davon aus, dass sich wirtschaftliche Aktivitäten – Produktion, Konsum, Handel – nicht zufällig im Raum verteilen, sondern bestimmten Mustern folgen. Diese Muster entstehen aus dem Zusammenspiel von Transportkosten, Standortvorteilen, Nachfrageverteilung und Wettbewerb.
Lösch postulierte ein idealisiertes Modell, in dem die Wirtschaft in einem homogenen Raum agiert. In diesem Raum bilden sich durch Marktmechanismen geometrische Muster – sogenannte „Wirtschaftsgebiete“ –, in denen Unternehmen Standorte wählen, um möglichst viele Kunden bei möglichst niedrigen Kosten zu erreichen. Die bekannten sechseckigen Netze, die Lösch dabei mathematisch entwickelte, zeigen, wie sich Märkte optimal verteilen könnten, um Effizienz und Erreichbarkeit auszubalancieren.
Was Löschs Theorie besonders macht, ist ihre Verbindung von Mikroökonomie, Raumlogik und internationalem Handel. Er erkannte, dass Standortentscheidungen nicht nur lokale, sondern auch globale Auswirkungen haben. Regionen konkurrieren miteinander, spezialisieren sich und tauschen Güter – eine Erkenntnis, die weit über die klassische Außenhandelstheorie hinausgeht und moderne Globalisierungsdebatten vorwegnimmt.
Zugleich war Die räumliche Ordnung der Wirtschaft ein Gegenentwurf zu zentralistischer Planung und nationalökonomischem Denken. Lösch plädierte für eine föderale, dezentrale Wirtschaftsordnung, in der die räumliche Struktur selbst als Teil des ökonomischen Prozesses verstanden wird. Er sah darin auch eine demokratische Dimension: Wirtschaftliche Entscheidungen, so Lösch, sollten möglichst nah an den Menschen und ihren Bedürfnissen getroffen werden
Sein Werk wurde erst nach dem Krieg international rezipiert, insbesondere in den USA, wo seine Konzepte zur Grundlage moderner Regionalökonomik wurden. Bis heute ist Löschs Theorie ein bedeutender Beitrag zum Verständnis wirtschaftlicher Raumstrukturen – ein Werk, das Ökonomie geografisch „erdenkt“ und damit eine neue Dimension wirtschaftlicher Vernunft eröffnet.