Schefolds Reihe der Klassiker der Nationalökonomie
Nationalökonomie. Theorie des Handelns und Wirtschaftens
Ludwig von Mises’ Nationalökonomie, 1940 im Exil erschienen, ist ein Hauptwerk der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und markiert den Versuch, eine umfassende, systematisch begründete Theorie des menschlichen Handelns zu formulieren – die „Praxeologie“. Inmitten des politischen Zusammenbruchs Europas, als autoritäre und kollektivistische Systeme dominierten, setzte Mises ein leidenschaftliches Plädoyer für wirtschaftliche Freiheit, Individualität und den freien Markt.
Im Zentrum seiner Theorie steht der handelnde Mensch. Für Mises ist Wirtschaft keine mathematische Gleichung oder bloß ein Aggregat von Produktionsfaktoren, sondern Ausdruck zielgerichteten Handelns von Individuen. Dieses Handeln erfolgt unter Knappheit, auf Grundlage subjektiver Werturteile, und ist stets auf Nutzenmaximierung gerichtet. Die subjektive Wertlehre bildet dabei das Fundament seiner gesamten Theorie.
Mit Nationalökonomie wollte Mises die gesamte Volkswirtschaftslehre aus der Perspektive des methodologischen Individualismus neu denken. Anders als der damals verbreitete Positivismus in der Ökonomie, der auf statistische Messbarkeit und Modellierung setzte, insistierte Mises auf deduktivem Denken: Die Gesetze des Wirtschaftens seien aus dem Wesen des Handelns selbst abzuleiten. Ökonomische Theorien sind für ihn a priori gültig, weil sie aus der Handlung selbst folgen – nicht aus Erfahrung oder Experimenten.
Ein zentraler Bestandteil des Werks ist die Kritik an der Planwirtschaft. Mises argumentiert, dass eine funktionierende Wirtschaft ohne marktfähige Preise – vor allem für Produktionsmittel – unmöglich sei. Nur in einer Marktwirtschaft mit Privateigentum und freiem Wettbewerb können Preise entstehen, die Informationen über Knappheit und Bedürfnisse vermitteln. In einem planwirtschaftlichen System hingegen fehlt die Möglichkeit wirtschaftlicher Kalkulation – ein Argument, das später als „Wirtschaftsrechnungsdebatte“ bekannt wurde und erheblichen Einfluss auf die theoretische Diskussion im Ost-West-Konflikt hatte.
Nationalökonomie ist zugleich eine Verteidigung der klassischen liberalen Prinzipien gegen Totalitarismus und Zentralismus. Mises verbindet seine ökonomischen Argumente mit einer tiefen ethischen Überzeugung: dass Freiheit, Eigentum, Vertrag und Rechtsstaatlichkeit nicht nur effizient, sondern moralisch geboten sind.
Obwohl das Werk in deutscher Sprache erschien und zunächst wenig Beachtung fand, wurde es später in überarbeiteter Form auf Englisch als Human Action (1949) weltweit bekannt. Nationalökonomie bleibt ein kraftvoller theoretischer Entwurf einer freiheitlichen Ordnung – ein Plädoyer für die Würde des Einzelnen in einer komplexen, marktwirtschaftlich vernetzten Welt.