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Münzen und ihre Herstellung

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Ein Metallstück mit hohem Druck zwischen zwei Stempeln gepresst – und fertig ist die Münze. Ist die Münzproduktion tatsächlich so einfach? Und wie war das früher? Dieses Video geht solchen Fragen auf einer Reise in verschiedene Jahrhunderte und Städte der westlichen Welt nach. Sie erhalten dabei Gelegenheit zum Besuch von fünf Münz(werk)stätten und dem MoneyMuseum, wo Sie nicht nur Details über diverse Prägetechniken, sondern auch Aufschlussreiches über die jeweiligen politischen und wirtschaftlichen Hintergründe der Münzherstellung erfahren.

 

 

 

  • Schaffhausen im Jahr 1565

Kommentator M1: Wir befinden uns in Schaffhausen im Jahr 1565. Der Münzmeister der hiesigen Münzstätte hat gerade die von ihm bestellte Wappenscheibe erhalten. Eine Wappenscheibe war damals bei reichen Handwerkern ein beliebtes Mittel der Selbstdarstellung. Das Wappen des Stifters, gelegentlich auch das seiner Ehefrau wurde präsentiert, gelegentlich gerahmt von religiösen Szenen oder – wie in unserem Fall von Darstellungen des Handwerks, das der Stifter ausübte. Aber still, hören wir Meister Zentgraf selbst. Er zeigt gerade seiner Ehefrau die neue Scheibe.

 

Sprecher M2: Weib, schau, sie ist fertig. Komm, schau sie Dir an. Der Meister selbst hat eben die neue Wappenscheibe eingesetzt. Schau, wie schön das Licht durch das bunte Glas fällt. Ist es nicht eine Pracht! Sie ehrt das Handwerk, das unsere Familie reich gemacht hat. Schau, Du kannst auf der Scheibe alle Arbeitsgänge genau erkennen, wie wir sie in unserer Münzwerkstätte durchführen. Vom Schmelzen bis zum Prägen.

 

Da unten links, Weib, siehst Du, da fängt es an mit dem Gießen. Du weißt ja, wenn wir Metall schmelzen müssen, dann beginnt für die Münzknechte der Tag schon um 1 oder 2 Uhr morgens. Zu dieser Zeit müssen sie die Feuer im Ofen anheizen, damit es heiß genug ist. Schließlich wird auf dem Ofen dann später unter meiner Aufsicht das Metall geschmolzen. Das Anfeuern ist eine verdammt harte Arbeit. Unser kleiner Münzlehrling, der Dir immer so leid tut, tritt dabei ununterbrochen den Blasebalg. Schließlich braucht das Feuer genügend Luft, um heiß zu werden, so heiß, daß es selbst Silber schmilzt.

 

Das Schmelzen selbst sieht dann fast so aus, wie wenn bei Dir in der Küche der Brei kocht. Ein Tiegel voll von flüssigem Metall.

 

Und da, siehst Du, da unten links auf der Scheibe, da sitze ich in meinem Sonntagsstaat. Natürlich würde ich nie so in die Münzstätte gehen, das ist schon klar. Der Glasmaler sollte ja nicht in jedem Detail wirklichkeitsgetreu sein. Aber der Vorgang, den er abbildet, der stimmt. Hinten siehst Du den Ofen, und der Münzknecht rechts, der hält in der Hand die Kelle. Er gießt das flüssige Metall in eine lange Form, die ich in Händen halte. ... Natürlich würde ich in der Werkstatt die Form nie so ohne einen Schutz für meine Hände halten, das wäre ja viel zu gefährlich. Nein, keine Angst Weib, wir wissen, wie man mit Metall umzugehen hat.

 

Aus dieser länglichen Form bekommen wir dann eine silberne Stange. Aber natürlich können wir aus der noch keine Münzen herstellen. Bis es soweit ist, sind noch etliche Arbeitsgänge nötig. Siehst Du, hier hämmert einer unserer Münzknechte die Stange erst einmal grob vor, damit sie halbwegs wie ein flaches Band aussieht. Als nächstes müssen wir den Zain herstellen, so nennt man das Metallband, aus dem später die Schrötlinge für die Münzen gestanzt werden. Um diesen Zain herzustellen, braucht es zwei Münzknechte, die das Metall sorgfältig auf ein Band von einer gleichmäßigen Dicke aushämmern. Das ist gar nicht so einfach, wie es aussieht. Man braucht viel Geschick und Erfahrung und Fingerspitzengefühl dazu. Ich habe übrigens gehört, daß in der Münzstätte von Hall erfolgreich neue Maschinen eingesetzt werden, die den Münzknechten diese Arbeit abnehmen. Die sollen da eine Walze haben, die den Zain von selbst auf genau die Dicke auswalzt, die man für die Münzprägung braucht. Also, bei uns könnten wir das nicht einführen. Du weißt ja, wie schnell die Münzknechte dabei sind, wenn es um Arbeitsniederlegung geht. Bei jeder neuen Technik haben sie gleich Angst, daß man ihre Erfahrung und ihr Können nicht mehr braucht. Sie fürchten, daß schlecht bezahlte Hilfskräfte ihre Arbeit tun könnten. So ein Blödsinn! Aber so sind die Menschen nun einmal, nichts fürchten sie mehr als den Fortschritt und das Neue, das sie nicht kennen.

 

Also aus dem fertigen Zain stanzen wir dann mit dem Locheisen die Schrötlinge. Und dann kommt der wichtigste Teil der Arbeit. Siehst Du, wie ich hier sitze, auf meinem weichen Kissen, in der Hand die große Benehmschere. Ja, so nennt man dieses riesige Gerät, das ich in der Hand halte. Damit kann ich von den Schrötlingen, die ein bißchen zu schwer sind, etwas abknipsen, damit das Gewicht wieder stimmt. Was ein Schrötling ist? Nun, so nennt man den Münzrohling, die Ronde, das runde Stück Metall aus dem später die Münze geprägt wird. Aber sag, siehst Du die Waage im Hintergrund. Mit der wiege ich jedes einzelne Stück. ... Na ja, der Bürger soll zumindest das Gefühl haben, daß jede einzelne Münze, die er in der Hand hält, von mir höchstpersönlich überprüft wurde. Wenn der gemeine Mann Vertrauen hat in das Geld, das er in der Hand hält, dann fragt er nicht nach. Schön blinken sollen die Münzen, dann will niemand so genau wissen, ob der Silberanteil auch wirklich so hoch ist, wie ihn der Kaiser vorgeschrieben hat. Ja, Weib, von irgendwas kommt ja der Reichtum, in dem wir hier leben. Frag einfach nicht, ich weiß schon, wie man sich das Vertrauen der Ratsherren erhält.

 

Am wichtigsten ist es, daß die frischen Taler blitzen und glänzen. Es muß eine Lust sein, die Münze in die Hand zu nehmen. Also legen wir Wert darauf, die Schrötlinge vor der Prägung möglichst fein zu bearbeiten. Zunächst hämmert ein Münzknecht die Oberfläche des Münzrohlings ganz glatt. Dann glättet ein anderer Münzknecht mit einem Holzschlegel die Ränder, die zu rau stehen geblieben sind.

 

Aber das ist noch nicht der letzte Arbeitsschritt vor dem Prägen. ... Ja, ich weiß, das kann sich kaum jemand vorstellen, wie kompliziert unsere Arbeit ist. Also, jetzt kommt das Weißsieden. Damit erzielen wir den schönen silbernen Glanz unserer Münzen, bei denen, ach Weib, ich geb’s ja zu, nicht ganz so viel gutes Silber drin ist, wie es eigentlich sein sollte.

 

Also, wir mischen in einem Topf Wasser, Kochsalz und Weinstein. Das Gebräu bringen wir zum Sieden und kochen es eine halbe Stunde lang. Währenddessen erhitzt unser Lehrling die Schrötlinge. ... Ja, ich habe auch immer gefunden, daß die Tracht ziemlich lustig ist. Sieht fast aus wie ein Narr, so mit den Glöckchen an der Kappe. ... Nein, ich weiß nicht, warum unsere Lehrlinge so eine Kleidung tragen. Eines ist mal klar, die dicken Stoffschichten sind nützlich bei der Arbeit am heißen Ofen. Wenn mal ein Funke auf die Kleidung fällt, brennt er sich nicht gleich durch bis auf die Haut. Aber die Glöckchen und die Kappe? Also, mein Vater hat mir mal gesagt, daß man damit die Lehrlinge verteidigen wollte, die ja doch gelegentlich das eine oder andere von Wert transportieren müssen. So ein kleiner Bub hat doch gar nicht die Kraft, sich gegen einen Erwachsenen zu wehren, wenn der ihm was wegnehmen will. Deshalb sollte die ganze Stadt auf ihn aufpassen. Und das konnten die Bürger eben besser, wenn der Junge auffällig gekleidet war. ... Ob das stimmt? Keine Ahnung. Nun jedenfalls erhitzt hier also unser Münzlehrling die Schrötlinge, damit wir sie, wenn sie die richtige Temperatur haben, in die vorbereitete, kochende Flüssigkeit aus Salz und Weinstein werfen können. Drei Minuten kochen wir die Schrötlinge darin, ehe wir sie ins Rollfaß geben. Das ist ein Faß, in dem die Rohlinge eine Viertelstunde mit einer Kurbel gedreht werden. Gleichzeitig ist kaltes Wasser in dem Faß, das das Salz und den Weinstein von den Münzen abspült. Und anschließend werden die Schrötlinge wieder getrocknet.

 

Ja, und jetzt, jetzt endlich kommt der eigentliche Prägevorgang. Hier siehst Du einen Münzknecht, wie er den Oberstempel hält und mit seinem Hammer darauf schlägt. Natürlich ist der Oberstempel viel zu lang, dreimal habe ich den Glasmaler darauf aufmerksam gemacht. Aber die haben ihre Musterbücher und da halten sie sich dran. Da kannst Du machen, was Du willst. Also, unten, im Amboß ist der Unterstempel eingelassen. Und links vom Münzknecht siehst Du das Zählbrett, in das die Taler eingelegt werden. Damit kann man sehr schnell feststellen, wie viele Stücke entstanden sind.

 

Ja, und die Bibelstelle, die der Glasmaler in der Mitte abgebildet hat, die habe ich ganz bewußt ausgewählt. Jesus trifft hier die Samariterin am Brunnen. Weißt Du warum ich mir das ausgesucht habe? Na, Dir kann ich’s ja verraten. Irgendwie komme ich mir manchmal selbst wie diese Sünderin vor. Die Samariterin, die unser Herr am Brunnen getroffen hat, das war eine Frau mit einem ganz schlechten Ruf. Und den hatte sie sogar zurecht. Mit allen hat sie’s getrieben. Sechs Männer hat sie gehabt. So hat es der Pfarrer in der Kirche gesagt. Sechs Männer, und trotzdem hat der Herr ihr verziehen und nur das Gute in ihr gesehen. Und weißt Du, genauso geht es eigentlich uns Münzmeistern. Wir müssen auf Befehl der Obrigkeit die Bürger betrügen. Du weißt doch selbst am besten, wie mich der Münzpächter, Benedikt Stokar, unter Druck gesetzt hat, damit ich ihm in allem zu Willen war. Was hätte ich denn tun sollen? Die Herren vom Rat haben ja auch fast 10 Jahre gebraucht, bis sie ihn dazu brachten, sich als Münzverleger vom Geschäft zurückzuziehen. Und daß sie dann mich vorgeladen haben, um mir eine offizielle Mahnung zu erteilen, ich solle nicht in die eigene Tasche wirtschaften... Also, wenn ich an die vielen Geschenke denke, die der Benedikt Stokar an sie ausgeteilt hat, damit sie ihn machen ließen wie er wollte! Da hatte wohl mancher, der mich verwarnte, selbst mehr Dreck am Stecken als ich jemals haben werde. Na ja, wir Münzmeister werden oft verleumdet, aber Gott sieht das Gute in unserem Herzen. Genau wie hier bei der Samariterin.

 

Ach Weib, ist das nicht ein wunderschönes Glasgemälde. Stell Dir vor, dieses Glasgemälde wird für immer und ewig von meinem Handwerk künden, auch wenn Du und ich schon längst nicht mehr unter den Sterblichen weilen.

 

  • Segovia 1623

  

Kommentator M1: Eine andere Zeit, ein anderer Ort. Gute 50 Jahre sind vergangen und die Art wie Meister Zentgraf seine Münzen herstellte, ist hoffnungslos veraltet. In Hall in Tirol hat man das Walzprägewerk zur Produktionsreife gebracht. Damit kann man mit einer enormen Geschwindigkeit Münzen herstellen, die wesentlich besser und gleichmässiger geprägt sind als die mit der Hand fabrizierten. Allerdings braucht man zur Einrichtung eines solchen Walzprägewerkes speziell geschulte Handwerker, über die nicht alle Städte und Fürsten verfügen. So verbreiteet sich das Walzprägewerk vor allem in den Habsburgischen Erblanden, also in Spanien, in den überseeischen Kolonien und in den Niederlanden. Denn die habsburger Fürsten von Tirol, stellen ihren Verwandten Münzknechte zur Verfügung, die Münzstätten mit der neuen Technologie ausstatten und so lange im fremden Land bleiben, bis sie heimische Handwerker in den neuen Techniken geschult haben. Interresse an der neuen Technologie aber haben damals alle Herrscher denen an der Wirtschaft ihres Landes gelegen ist. So auch der zukünftige englische König Charles I., der im Jahre 1623 die Münzstätte von Segovia besucht, um die Organisation der modernen Prägestätte vor Ort zu studieren.

 

Sprecher M2: Was für eine Ehre, euer königliche Hoheit, was für eine Ehre. Also, daß der Prince of Wales in höchsteigener Person unsere Münzstätte besuchen könnte, also, das hätte ich mir ja in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. ... Dass Ihr euch über die neuen Möglichkeiten informieren wollt, wie wir hier heute Münzen herstellen. Segovia gehört ja im Moment zu den fortschrittlichsten Münzstätten. Nun, vielleicht sind wir nicht ganz so innovativ wie unsere Kollegen in Hall, aber hinsichtlich der Organisation werdet Ihr kaum eine besser geordnete Münzstätte finden.

... Ja, ich kenne das Problem. Als wir hier in Spanien unsere Münzen noch von Hand prägten, hatten wir es auch. Bei solchen Münzen ist der Münzrand ja nicht eindeutig erkennbar. Betrüger jeder Schattierung nutzten diesen Umstand und feilten von den Münzen Silber ab. Manchmal war eine Münze, die 10 Jahre umgelaufen war, nur noch halb so schwer wie bei ihrer Ausgabe und natürlich entsprechend geringer im Wert. Aber mit den neuen Maschinen aus Hall haben wir das Problem vollständig in den Griff bekommen. Die Maschinen sind geradezu ideal für Großsilbermünzen, aber natürlich können auch die Scheidemünzen damit hergestellt werden. Wir nennen das Verfahren Walzenprägung.

 

Selbstverständlich ist unsere Münzstätte strengstens bewacht. Bei den Schätzen, die hier lagern, ist das ein Muß. Gleich hier auf der linken Seite stehen die Wachen bei Tag und bei Nacht. Sie kontrollieren jeden, der hereinkommt.

 

Auf der gegenüberliegenden Seite sitzt unser Portier. Bei ihm muß sich jeder melden, der hier Geschäfte hat. Unser Portier entscheidet, ob er eintreten darf, und wer von uns ihn innerhalb der Münzstätte betreut und auch ein klein wenig beaufsichtigt, solange er sich in unserer Münzstätte befindet.

 

Hier nebenan befinden sich die großen Öfen, in denen das Metall, das zu uns kommt, geschmolzen wird. Wie Ihr vielleicht wisst, prägen wir hier nicht nur im Auftrag des Königs. Die Regierung ermutigt auch die zahlreichen Silberhändler, ihr Edelmetall hierher zu bringen, um es gegen ein kleines Entgelt in gültige Münzen prägen zu lassen. Ohne die vielen privaten Aufträge wäre unsere Münzstätte bei weitem nicht ausgelastet. Wenn die Maschinen einmal laufen, dann geht das Prägen nämlich unglaublich schnell. Wir werben also geradezu um Privatkunden. Zu diesem Zweck haben wir zum Beispiel mit vielen Händlern in Sevilla Verträge geschlossen. Dort legt ja bekanntlich die Flotte an, die das Gold und das Silber aus der neuen Welt nach Spanien bringt. Deshalb haben sich in dieser Stadt besonders viele Silberhändler niedergelassen.

 

Blickt einmal auf die andere Seite. Sehen Sie, dort stehen unsere Maschinen. Aber was in diesem Zusammenhang noch viel interessanter ist, in dem Stockwerk darüber haben wir lauter kleine Zimmer eingerichtet, in denen die Kaufleute wohnen können, während ihr Silber ausgeprägt wird. Wisst Ihr, es gibt doch viele, denen das ein bißchen unheimlich ist, so viel Geld unbewacht zu lassen. Und damit Sie sicher sein können, daß wir hier nichts manipulieren, dürfen sie eben beim Prägen dableiben. ... Nein, Ärger machen diese Leute eigentlich kaum. Schließlich handelt es sich in den meisten Fällen um die Vorsteher von großen Handelshäusern, die hier höchstpersönlich den Gewinn eines ganzen Jahres anliefern. Und selbst wenn wirklich einmal ein schwarzes Schaf darunter wäre, wir haben hier schließlich unsere Wachen. Und wir haben selbstverständlich unser eigenes, kleines Gefängnis. Auch wenn wir es normalerweise eher für die kleinen Vergehen unserer eigenen Angestellten nutzen.

 

So, wir müssen jetzt in den ersten Stock hinaufgehen. Einen ebenerdigen Eingang zu diesen Gebäuden gibt es leider nicht. Aber Ihr versteht sicher, hier ist der Bereich, in dem wir am meisten Sicherheit brauchen. Also, hier seht Ihr unseren Probierraum. Hier erproben unsere Spezialisten die Legierung des Metalls, die ihnen übergeben wird. Schließlich soll der Gold- oder Silbergehalt der Münzen sich nicht allzu sehr ändern, na ja, jedenfalls solange der König nicht das Gegenteil befielt.

 

Sie kennen die Geschichte nicht? Wirklich? Also, Ihr wisst doch, Philipp II., unser großer katholischer König, war ständig in Geldverlegenheiten. Der Krieg in den Niederlanden, die unerträglichen Kaperfahrten, die – mmh, Verzeiht, Eure Hoheit, aber Ihr müsst zugeben, Elisabeth I. war wirklich keine Freundin unseres Landes. Ja, seit Euer Vater an der Regierung ist, hat sich das geändert, die katholische Maria Stuart war uns ja schon immer wohlgsinnt, und wir alle waren froh, als ihr Sohn, Euer erhabener Vater, den Thron bestieg. Nun, aber zurück zu den Münzen. Seht Euch dieses 8 Real-Stück einmal genauer an. Philipp II. hatte den Silbergehalt seiner Münzen exakt festgelegt. Er wollte, daß die Menschen Vertrauen bekommen in seine Währung. Hier rechts seht Ihr die Bezeichnung, das Nominal VIII für acht Reales. Auf der linken Seite seht Ihr die Bögen, das Münzzeichen unserer Stadt. Ja, und darunter sollte eigentlich das Zeichen des Münzmeisters sein. Ist es aber nicht. Damit lehnte Philipp die Verantwortung für die Stücke sozusagen ab. Das heißt, die Stücke ohne dieses Zeichen wurden zwar auf königlichen Befehl, aber ohne königliche Garantie geprägt und tatsächlich sind sie von weit schlechterem Silber als die normalen Stücke.

 

Hier habe ich eine andere Münze für Sie, diese trägt das Münzmeisterzeichen und das genau an der richtigen Stelle. Wenn Ihr das Münzmeisterzeichen sehen, dann könnt Ihr jede Münze unbesehen annehmen. Sie ist von gutem Silber.

 

Aber wieder zurück zum Thema. Unser Münzmeister verfügt nicht nur über einen eigenen, abgeschiedenen Raum, um die Legierung des Metalls zu prüfen. Er hat zudem eine ganze Bibliothek zur Verfügung, in der er Fachliteratur aus der ganzen Welt vorfindet. Das ist wirklich etwas Besonderes. Verlassen wir diese Räume, denn ich will Euch noch die Schatzkammer zeigen. Sie liegt zwar hinter der Bibliothek, aber von hier können wir nicht hinkommen. In diesem Raum wird das Silber gelagert, wenn es nicht gerade bearbeitet wird. Es gibt nur diesen einen Zugang. ... Nein, auf eine andere Art und Weise als zu klettern, kann man dort nicht hinein. ... Ich verstehe, es sähe wirklich nicht sehr königlich aus, wenn Eure Hoheit auf dieser wackligen Leiter. ... Außerdem ist die Schatzkammer im Moment sowieso leer. Ihr würdet also nur dicke Mauern sehen. ... Ja, verzichten wir lieber auf eine Besichtigung.

 

Was Ihr bräuchtet, um auch so eine Münzstätte einrichten zu können? Nun, eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen ist erst einmal das Wasser. Ohne Wasser geht gar nichts. Ein reißender Bach, der auch im Sommer genügend Wasser führt, muß das Zentrum jeder Münzstätte sein. Seht, wir haben hier kleine Wehre gebaut, mit denen wir den Wasserdruck regulieren, damit unsere Mühlräder, die die Walzwerke antreiben, ständig genug Wasser haben. Ein Kanal führt das Wasser direkt in den Bau hinein, in dem die wichtigsten Arbeitsprozesse geschehen. Kommt, gehen wir wieder zurück.

 

Hier, im Erdgeschoß dieses Gebäudes stehen unsere Walzprägewerke. Zur Serienreife gebracht wurden diese gewaltigen Maschinen in Hall in Tirol. Ja, dort regiert ebenfalls ein Verwandter unseres Königshauses als Erzherzog. ... Ja, Ihr habt recht, es ist ein gewaltiges Räderwerk, das man braucht, um Taler zu prägen. Allein das Mühlrad, ganz im Hintergrund mißt fast 3 Meter im Durchmesser. Die ganze Anlage ist etwa sieben Meter lang. Das Mühlrad wird nun vom Wasser angetrieben. Am Mühlrad haben wir dann eine Art Übersetzung, das ist das kleinere Rad davor, mit den Zapfen, die daraus hervorstehen. Diese Übersetzung brauchen wir, damit die obere und die untere Walze mit genau der gleichen Geschwindigkeit laufen. Die Übersetzung überträgt nämlich die Kraft in genau der gleichen Geschwindigkeit auf die beiden Übersetzungen links und rechts, und die nun setzen ihrerseits das Zahnrad in Bewegung, das die beiden Walzen in der Mitte treibt.

 

Kommt und geht ein wenig mit mir herum, dann seht Ihr die Übersetzung und das riesige Zahnrad etwas besser. Zuerst haben wir ähnliche Maschinen eigentlich nur dazu benutzt, aus der gegossenen Silberstange wie sie aus der Schmelze kommt, den Zain herzustellen, den flachen Silberstreifen, der das Ausgangsmaterial ist für die Herstellung von Schrötlingen. Viele Mal muß der Silberstreifen das Streckwerk durchlaufen, bis er die Dicke aufweist, die wir für die Münzprägung brauchen. Und irgendwann hat sich ein schlauer Kopf überlegt, daß man eigentlich bei dem letzten Walzvorgang gleich das Münzbild in den Zain einwalzen könnte.

 

Zu diesem Zweck treiben die Walzen nun zwei als Rolle geschnittene Stempel an. Damit wird das Bild auf der Walze in den Zain übertragen. Um solche Stempel zu schneiden, muß man übrigens wirklich geschulte Kräfte haben. Ich würde Euch nicht empfehlen, die Stempelschneider, die gewöhnlich für Sie arbeiten, mit dieser Aufgabe zu betrauen. Das Münzbild wird nämlich beim Vorgang des Walzens leicht auseinandergezogen. Das bedeutet, wenn Sie einen runden Stempel schneiden, dann kommt er als ein Ei aus der Münze. Sieht ganz witzig aus. Wir haben Monate gebraucht, um das wirklich in den Griff zu bekommen.

 

Hier, so soll der Zain aus der Walze kommen. Dann braucht man die Schrötlinge nur noch exakt auszustanzen und schon habt Ihr die schönsten Münzen der Welt.

 

Natürlich könnt Ihr auch die dazugehörigen Stempel sehen. Hier, allerdings sind die nicht für Großsilbermünzen benutzt worden, sondern für Scheidemünzen.

 

Aber damit genug der Technik. Ich denke, wir sollten uns die angenehmeren Teile der Prägestätte ansehen. Unsere Münzangestellten dürfen das Münzgelände nur selten verlassen. Eigentlich sehen wir es sogar am liebsten, wenn sie überhaupt nicht nach draußen gehen. Deshalb haben wir hier Freizeitanlagen eingerichtet. Einen wunderschönen Garten, in dem sie am Abend auch ein wenig grün sehen können. Eigentlich haben es unsere Arbeiter hier sogar besser als in den stickigen Städten.

 

Darf ich Eurer Hoheit noch eine besondere Aufmerksamkeit des spanischen Königs überreichen. Sanchez, bring‘ das Tablett. Wir, die Angestellten der Münzstätte von Segovia, danken Eurer Hoheit zutiefst für die uns zuteilgewordene Aufmerksamkeit. Sanchez, gib das Tablett schon her! Hier, Euer Hoheit, auf diesem Tablett befinden sich unsere schönsten und kostbarsten Prägungen. Unsere 50 Real-Stücke in Silber. Diese Münzen werdet Ihr selbstverständlich nicht im Umlauf sehen. Unser König vergibt sie als besondere Aufmerksamkeit. ... Aber, aber Euer Hoheit, was tut Ihr da? Diese Stücke sind für Euch, nicht für diese Spitzbuben. ... Wir könnt Ihr das Geschenk unseres großen Herrschers Philipps IV. einfach so wegwerfen! ... Ja, ich verstehe, eine Aufmerksamkeit für unsere Arbeiter. Aber so ein königliches Vermögen haben diese Leute nun wirklich nicht verdient.

 

  • Spindelpresse

 

Kommentator M1: Willkommen im MoneyMuseum. Schön, daß Sie hier vorbeischauen. Schließlich haben auch wir etwas zum Thema Münzprägung beizutragen.

Bei uns können Sie selbst dabeisein, wenn mit unserer Spindelpresse eine Medaille geprägt wird. Also, der Vorgang an sich ist einfach: Man legt eine Münze zwischen Oberstempel und Unterstempel, dann wirft man den Wurfarm an und schon hat man eine schöne Medaille.

Lassen Sie mich Ihnen das Prinzip erklären. Wie bei der Hammerprägung gibt es einen festen Unterstempel und einen beweglichen Oberstempel. Der Unterstempel ist in ein Fundament eingelassen.

Ebenfalls in dieses Fundament eingelassen ist ein Rahmen, in den oben ein Loch mit einem Gewinde eingeschnitten ist.

Durch dieses Loch im Rahmen läuft eine Spindelschraube, an deren unterem Ende der Oberstempel eingelassen ist.

Um die Spindelschraube nun in Bewegung zu setzen, braucht es einen Hebel, den man anstoßen kann. Häufig sind an diesem Hebel große Schwunggewichte angebracht, um den Druck zu erhöhen, den man mit der Maschine erzeugen kann.

Der erste, der sicher diese Maschine benutzte, um seine Medaillen herzustellen, war der italienische Künstler Benvenuto Cellini. Auch wenn man es Bramante und Leonardo da Vinci nachsagt, noch vor ihm Medaillen mittels der Spindelpresse geprägt zu haben, besitzen wir doch erst von Cellini sichere Beweise dafür. In Florenz existieren nämlich Stempel, die Cellini nur für den Prägevorgang mit der Spindelpresse geschnitten haben kann.

Diese Medaille gehört zu den ersten, die mit Hilfe einer Spindelpresse hergestellt wurden. Cellini fertigte sie auf Befehl von Papst Clemens VII. Sie soll an einen Brunnen erinnern, der auf Befehl des Papstes in Orvieto gegraben wurde.

Nach Deutschland gelangte die Erfindung etwa im Jahr 1550. Der Augsburger Goldschmied Marx Schwabe bediente sich der Maschine, und bei ihm holten die Könige von Frankreich und England Informationen ein, um selbst ähnliche Münzpressen herstellen zu lassen.

Alle Herrscher Europas hatten damals nämlich ein ähnliches Problem: Die mittels Hammerprägung hergestellten Münzen waren zu unregelmäßig. Daher konnten Profitmacher unter ihren Untertanen am Rand jeder Münze etwas Silber abschneiden, ohne daß es auffiel. Und so waren die Münzen, die über die Steuer an die Regierung zurückkamen, untergewichtig und miderwertig. Aus drei alten, beschnittenen Münzen, konnten höchstens zwei neue, vollgewichtige geprägt werden. Kein Wunder also, daß man überall an dem Problem arbeitete, wie man die Münzen so präzise prägen konnte, daß es unmöglich wurde, ihren Rand zu beschneiden.

In Hall erfand man das Walzenprägewerk, das bald in vielen Münzstätten der Habsburger und in Süddeutschland benutzt wurde. Eine funktionierende Alternative dazu war die Spindelpresse. Doch in vielen Münzstätten gelang es den Münzknechten eine Veränderung der Arbeitsmethoden zu verhindern. Sie hatten Angst, daß mit Hilfe der Maschine auch billige Hilfskräfte die Münzprägung erledigen konnten, für die man bis dahin hochqualifizierte und damit hoch bezahlte Spezialarbeiter gebraucht hatte. Die Drohung der Münzknechte, die Arbeit niederzulegen, wirkte abschreckend auf viele Fürsten und Stadtväter. Es dauerte mehr als fünf Generationen bis sich die neue Technologie überall durchsetzte.

Doch nachdem im Verlauf des 17. Jahrhunderts der Ständestaat zum absolutistischen Staat geworden war, mußten sich auch die Zünfte der Münzknechte dem Befehl des neuen, absolutistischen Herrschers fügen: Spätestens im Jahr 1690 wurde die Spindelpresse in allen bedeutenden Münzstätten benutzt.

Auch wenn sich heute im Alltag der Münzstätten die Uhlhornsche Kniehebelpresse durchgesetzt hat, wird immer noch gerne auf den Nachfolger der Spindelpresse, die Friktionspresse zurückgegriffen. Sie funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die Spindelpresse, nur wird ihr Schwungrad nicht mehr von Menschenhand angetrieben, sondern von einer Maschine. Der Vorteil der Friktionspresse ist nicht ihre Schnelligkeit, sondern der hohe Druck, der mit ihr ausgeübt wird. Mit Hilfe der Friktionspresse kann man schönere Medaillen mit einem höheren Relief herstellen als mittels der sonst üblichen Pressen.

  

  • Philadelphia 1885

 

Kommentator M1: Eins, zwei, drei im Sauseschritt, eilt die Zeit, wir eilen mit, und das bis wir im Jahr 1885 angelangt sind.

Inzwischen ist die Industrialisierung über die ganze moderne Welt gefegt. Alte Zöpfe wie den Zunftzwang hat sie abgeschafft und einen ungeheuren Hunger nach Geld in der ganzen Bevölkerung geschaffen. Durch den ins Gigantische gewachsenen Warenaustausch erhöhte sich auch der Münzbedarf im 19. Jahrhundert enorm. Kleine Ateliers in denen einzelne Handwerker alle Arbeitsvorgänge von der Schmelze bis zum Prägen ausgeführt haben, können diese Nachfrage nicht mehr befriedigen. Das Industrieunternehmen „Prägestätte“ entsteht, wo mit wenigen Fachkräften und vielen ungelernten Arbeitern eine Massenprägung geschaffen wird, die für ganze Länder ausreicht.

Begleiten wir den offiziellen Touristenführer der amerikanischen Münzstätte in Philadelphia bei einem seiner täglichen Rundgänge.

 

Sprecher M2: Hereinspaziert, meine Damen und Herren. Kommen Sie hier herüber. Nein, nicht dort, dort stehen Sie nur im Weg. Wissen Sie, gerade wird wieder eine neue Lieferung von Metall gebracht, und die Männer, die Sie da sehen, die tragen schwer! Kommen Sie, meine Damen und Herren, hier links herüber, wir gehen gleich in den ersten Raum, den Raum, wo das Metall gewogen wird.

 

Kommen Sie, Kommen Sie hier herein, hier ist es ruhiger.

 

Ah, Mr. Evans, guten Morgen. Tut mir leid, Sie schon wieder zu stören, aber heute ist ein ganz besonders großer Ansturm. Wir mußten sogar eine zusätzliche Führung einlegen, damit wir die 250 Besucher, die sich für heute angemeldet haben, durch die Münzstätte schleusen können.

 

Meine Damen und Herren, willkommen in der Münzstätte der Vereinigten Staaten. Es freut mich, daß Sie bei den vielen Attraktionen in unserer schönen Stadt auch die Zeit gefunden haben, bei uns vorbeizuschauen.

 

Aber schließlich, wie wir alle wissen, Geld regiert die Welt, auch wenn sich unsere Politiker einbilden, Sie würden das noch machen. Und Sie meine Damen und Herren wollen nun wissen, wo das Geld gemacht wird, das Sie in ihrer Tasche herumtragen.

 

Also zunächst ein paar Worte zur Gründung der Münzstätte der Vereinigten Staaten in Philadelphia. Sie wissen vielleicht, daß in Artikel 1, Abschnitt 8 unserer Verfassung zu lesen steht, daß der Kongreß die Macht besitzen soll, Geld zu prägen. Als die Verfassung am 17. September 1787 angenommen wurde, war dieses Recht noch ziemlich theoretisch. Es gab nämlich noch keine Münzstätte, in der die neuen Münzen geprägt werden konnten. Deshalb erteilte der Kongreß dem damaligen Finanzminister am 14. April 1790 den Auftrag, einen Plan für eine Münzstätte vorzulegen. Es dauerte aber nochmals zwei Jahre, ehe Präsident Washington höchstpersönlich den Bau der Münzstätte in Philadelphia genehmigte.

 

Mr. Evans, haben Sie das Bild noch? Ach ja, ich seh’s, hier drüben. Meine Damen und Herren, hier sehen Sie einen Kupferstich, der das erste Gebäude zeigt, in dem unsere Münzstätte untergebracht war. Damals übrigens in direkter Nachbarschaft zu Präsident Washington. Und – da sind wir hier ganz besonders stolz darauf – die Münzstätte war das erste Gebäude, das die jungen Vereinigten Staaten von Amerika gemeinsam bauten, um ihre Aufgabe für den gesamten Staatenbund zu übernehmen. Sie wissen ja, von New York bis San Francisco können Sie mit den gleichen Dollars zahlen.

Das Gebäude, in dem Sie sich heute befinden, wurde im Jahre 1829 eingeweiht, und wir sind hier in der modernsten Münzstätte, die Sie derzeit auf allen fünf Kontinenten besichtigen können.

 

In dem Saal, in dem wir uns gerade befinden, wird das Metall gewogen , das die Münzstätte erreicht. Mr. Evans ist hier der Leiter. Er gehört zu den vier wichtigsten und vertrauenswürdigsten Mitarbeitern der Münzstätte. In seiner Verantwortung liegt es, alles Gold, alles Silber und alles unedle Metall, das in die Münzstätte geliefert wird, zu wiegen und zu registrieren. Nach seinen Aufzeichnungen werden die Lieferanten bezahlt.

 

Die Schnellwaage, auf der er arbeitet, wird jeden zweiten Tag geeicht. Sie ist äußerst genau.

 

Und die Gewichte, die er benutzt, reichen von 500 Unzen bis zu einer Tausendstel Unze. Haben wir Besucher aus Alteuropa dabei? Ja, Sir, also Sie würden von 1.4175 Kilogramm beziehungsweise von 0,02835 Gramm sprechen.

 

Man schätzt, daß bis heute Gold im Wert von etwa eineinhalb Millionen Dollar den Raum durchlaufen hat.

Wenn Mr. Evans jetzt mit dem Wiegen fertig ist, dann wird das Metall in die Schmelze gebracht. Aber natürlich nicht einfach so.

 

Unser Higgins, er gehört zu den vertrauenswürdigsten Arbeitern der Münzstätte, aber nicht mal ihm würden wir das Gold alleine anvertrauen. Es kommt gleich ein zweiter Arbeiter herüber. Beide tragen das Gold in einer eisernen Kiste, die mit zwei Schlössern versperrt ist, hinüber zum Schmelzen. Dort wird die Kiste dann von zwei Metallarbeitern, die beide je einen Schlüssel zur Kiste besitzen gemeinsam aufgesperrt, aber kommen Sie nur, sehen Sie selbst, was weiter mit dem Metall passiert.

 

Ja, meine Damen und Herren, heiß hier in der Schmelze. Kein Wunder, daß Alkohol hier in der Münzstätte eines der ganz großen Probleme ist. Wer würde bei diesen Temperaturen nicht gerne ein kühles Glas Bier trinken? Aber das gibt es hier nicht. Kein Alkohol, keine Zigarren, unsere Arbeiter sind vorbildlich für die gesamte Arbeiterschaft der Vereinigten Staaten.

 

Jede Lieferung an Metall durchläuft diesen Raum hier zweimal. Zunächst, wenn Sie wie wir direkt vom Wiegen kommt. Hier wird das Material eingeschmolzen und eine kleine Metallprobe für den Münzprüfer entnommen.

Nein, meine Damen und Herren, den Münzprüfer können wir leider nicht bei der Arbeit stören. Das ist eine so diffizile Arbeit, daß der Mann höchste Konzentration und höchste Ruhe braucht. Sie müssen sich vorstellen, er bekommt nur ein halbes Gramm von jeder Metallieferung, die er auf ihre Zusammensetzung hin untersuchen muß. Sie wissen ja sicher, daß Gold und Silber nie rein gefunden werden. Unsere Münzen aber, die sollen doch bitte immer die gleiche Zusammensetzung haben. Sonst würde der Metallwert von Stück zu Stück ja schwanken. Um also immer die gleiche Zusammensetzung zu bekommen, muß erst einmal die Zusammensetzung der hier hereinkommenden Metalle ermittelt werden. Je nachdem, wie rein das Material ist, müssen einzelne Bestandteile hinzugefügt oder herausgefildert werden. Ja, und der Münzprüfer gibt eben die Anordnung, was mit welchem Material zu geschehen hat. Wie gesagt, dabei steht ihm jeweils nur ein halbes Gramm davon für die Überprüfung zur Verfügung. Und auf seinem Schreibtisch finden Sie Gewichte, die man mit dem bloßen Auge gar nicht mehr wahrnehmen kann. Bis auf ein eintausenddreihunderstel Grain genau kann der Mann wiegen.

 

Ach Moment, Sie kommen ja aus Europa, da muß ich Ihnen die Zahl aufschreiben, denn mit Worten ausdrücken kann ich Sie gar nicht mehr.

 

Ja, und wenn wir dann genau wissen, aus welchen Bestandteilen das Metall zusammengesetzt ist, dann kann hier in der Schmelze die richtige Mischung für unsere Gold- und Silberdollars hergestellt werden.

 

Ach, das ist aber nett, Kuszinsky. Meine Damen und Herren, sehen Sie dort hinüber. Der Gießer Kuszinsky nimmt einen der brodelnden Metalltöpfe aus der Schmelze.

 

Ja, das ist immer wieder ein Erlebnis. Wenn die richtige Mischung im Schmelztiegel ist, dann werden Barren hergestellt. Sehen Sie die Gestelle dort links.

 

In diese Formen wird das heiße Metall gegossen.

 

Die Barren, die wir damit bekommen, sind von der Form bereits hervorragend geeignet, um später zum Zain ausgearbeitet zu werden.

 

Ja, gleich erkläre ich Ihnen, was ein Zain ist. Also wir sind mittlerweile im Walzwerk der Münzstätte. Hier werden die Barren, die sie vorher gesehen haben zu langen dünnen Streifen ausgewalzt, aus denen später die Schrötlinge, die Münzrohlinge, ausgeschnitten werden. Und diese dünnen Streifen nennt man eben den Zain. Wir können die Walzen auf jeden beliebigen Abstand einstellen, so daß wir den ursprünglichen Barren langsam auswalzen können. Ein Goldbarren durchläuft dieses Walzwerk zehnmal, ein Silberbarren nur achtmal. Und zwischen jedem neuen Walzen muß der Metallstreifen ausgeglüht werden, damit er nicht springt. Wenn der Zain dann fertig ist hat er die sechsfache Länge des ursprünglichen Barrens. So eine Maschine kann 200 Barren pro Stunde walzen. Und kommen Sie ja nicht an eines der großen Räder. Die werden durch die Reibung so heiß, daß Sie sich die Finger ganz schön verbrennen würden.

 

Kein Zain kommt gleichmäßig aus dem Walzwerk. Deshalb muß er auf der Streckbank noch nachbearbeitet werden. Hier wird im Grunde nichts anderes gemacht als im Walzwerk, aber mit wesentlich größerer Präzision. Wenn der Metallstreifen hier auch noch durch die Streckbank gelaufen ist, dann können Sie davon ausgehen, daß er wirklich überall die gleiche Dicke hat.

 

Hier sind wir beim Ausstanzen der Schrötlinge. Die Metallstreifen, die Sie hier sehen, wurden inzwischen gewaschen und sind nun parat für die Schrötlingsproduktion. Das ist etwas für Sie meine Damen. Stellen Sie sich vor, Sie hätten zum Backen so eine hübsche Maschine. Sie könnten ihre Plätzchen viel schneller produzieren. 125 Schrötlinge pro Minute stanzt diese Maschine aus. Ungefähr Dreiviertel des Materials so eines Zains werden damit in Münzrohlinge verwandelt. Das restliche Metall kommt wieder in die Schmelze und wird zu neuen Barren verarbeitet.

 

So, hier sind wir in dem Raum, in dem die Schrötlinge noch einmal auf ihr Gewicht hin überprüft werden. Jeder einzelne Münzrohling wird gewogen. Ja, hier haben wir vor allem Frauen eingesetzt. Sie sind bei dieser diffizilen Arbeit einfach schneller und verläßlicher. Sie alle haben eine Feile, mit der Sie etwas vom Schrötling abfeilen können, wenn der zu schwer ist. So wird erreicht, daß die Münzen kaum nach oben im Gewicht abweichen.

 

Damit besitzt jeder Schrötling exakt das richtige Gewicht. Und damit das auch bei der Münze im Umlauf so bleibt, versehen wir jedes Stück mit einer Rändelung. Hier sehen Sie so eine Maschine mit der wir die Stücke rändeln können.

 

Durch die Röhren an der Oberseite werden die Schrötlinge eingefüllt. Sie laufen eine Viertel Umdrehung der die Maschine. Darin ihr Rand von zwei sich gegenläufig drehenden Rädern gequetscht und nach oben gebogen wird. Die Räder bewegen sich nämlich in einem Abstand voneinander, der um ein geringes kleiner ist als der Münzdurchmesser. 560 Kleinmünzen können hier pro Minute durchlaufen. Bei unseren Silberdollars dauert die Randbearbeitung allerdings länger. Hier können nur 120 Rohlinge pro Minute durchlaufen.

 

Und jetzt sind wir im Zentrum unserer Prägeanstalt angelangt, in dem Raum, in dem den Schrötlingen ihr Bild aufgeprägt wird und sie zu Münzen im eigentlichen Sinne werden. 10 Prägemaschinen stehen hier. Es handelt sich um Kniehebelpressen, die mit Dampfkraft angetrieben werden. Es war ein deutscher Techniker namens Uhlhorn, der als erster auf die Idee kam, zur Münzprägung die Drehbewegung eines Rades auszunutzen, das mittels einer dezentrierten Achse einen gebogenen, durch viele Gelenke nicht starren Hebel hob und senkte. Diese Drehbewegung ist ideal dafür geeignet, um durch Dampf hervorgerufen zu werden. Wir hier haben die ursprünglichen Uhlhorn’schen Kniehebelpressen natürlich wesentlich verbessert. Nirgendwo sehen Sie einen moderneren Maschinenpark, auch wenn Ihnen natürlich die Franzosen was anderes sagen würden. Dort behauptet man immer noch, daß Frankreich am fortgeschrittensten sei in der Münzproduktion. Na ja, eingebildet waren diese Franzosen immer schon – oh, Sie sind doch nicht etwa aus Frankreich, mein Herr. Nein, aus der Schweiz, und Sie sind ebenfalls von der Hochnäsigkeit der Franzosen überzeugt? Ich geb‘ Ihnen nach der Führung einen aus. Nun, um zu unseren Maschinen zurück zu kommen. Sie sind natürlich gute, solide Produkte aus amerikanischer Fertigung. Wir beziehen sie von der Firma Bliss in Ohio.

 

Früher war die Münzprägung eine schwierige, Kräfte raubende Sache, heute sind die Maschinen so einfach zu bedienen, daß wir zumeist Frauen daran einsetzen. Sie verstehen, sie arbeiten einfach billiger und zum Teil sogar sorgfältiger.

Wie Sie hier sehen, füllt unsere Lucy von oben den Schrötling in die Maschine, die Prägung wird automatisch durchgeführt und an der Seite fällt das Stück in den Holzkasten.

 

Danach müssen wir nur noch die Stücke zählen, ehe wir sie an die Banken weiterleiten. Hier, kommen Sie hier herüber. Hier haben wir ein Laufband, über das alle Münzen geschickt werden. Hallo Baumann, hallo Rosso, also hier an diesem Laufband findet die Endkontrolle statt. Unser guter Baumann ist noch nicht mal zwei Jahre bei uns und hat sich zum besten Kontrolleur entwickelt, den die Münzstätte je hatte. Ach, mein Herr, das muß ja ein Landsmann von Ihnen sein. Hat früher an der Berliner Münzstätte gearbeitet, ehe er sich durch seine Gewerkschaftsarbeit in Europa unbeliebt machte. Was, die Schweiz gehört nicht zu Deutschland? O, Verzeihung, aber wissen Sie, Europa ist manchmal doch etwas weit weg für uns echte Amerikaner. Unser Baumann jedenfalls, der hat einfach sagenhafte Augen. Er entdeckt jede Fehlprägung. Die werden natürlich aussortiert und wieder eingeschmolzen. Was er auf dem Laufband läßt, kommt hinten bei Rosso an. Der läßt die Münzen in ein Zählbrett fallen. Damit kann er die Stücke im Nullkommanichts zählen. Mehr als 500 Münzen in weniger als einer Minute, das ist eine Leistung. Komm, Rosso, zeig uns Dein Zählbrett.

 

Also, in dieses Zählbrett steckt Rosso alle Münzen, die über das Förderband zu ihm kommen; und wenn das Zählbrett voll ist, dann weiß er, er hat eine ganz bestimmte Anzahl von Münzen darin. Wirklich kinderleicht und absolut sicher. Die Münzen werden dann in Säcke verpackt, Goldmünzen in Säcke zu 5.000 $, die 3 Dollarstücke zu 3.000 $ und die 1 Dollarstücke in Säcke zu 1.000 $, also immer 1.000 Stück in einem Sack. Und damit sind wir am Ende unserer Führung. Bitte, folgen Sie mir hier zum Ausgang.

 

Vergessen Sie übrigens nicht, unseren ausgezeichneten Souvenirshop zu besuchen. Dort finden Sie Literatur über unsere Münzstätte, und natürlich jede Menge geprägte Andenken in Bronze, Silber und Gold. Alle Medaillen können Sie zu einem geringen Preis erwerben. Mein persönlicher Liebling ist die Medaille auf Major Grant mit einem Druchmesser von 60 Millimeter, ein absolutes Meisterwerk der Prägekunst. Sie kostet 8 $. Aber Sie müssen nicht unbedingt so viel Geld ausgeben. Unsere Medaillen beginnen bereits bei einem Preis von 25 Cent.

Und das wär’s. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen und ich würde mich freuen, Sie und all Ihre Freunde und Verwandten bald wieder einmal bei uns begrüßen zu dürfen.

 

  • Paris 1950

 

Kommentator M1: Wir haben es schon fast bis in die Gegenwart geschafft. Wir sind im Jahre 1950 angelangt. Der Maschinenpark des Industrieunternehmens „Münzstätte“ ist inzwischen voll ausgebaut und auf eine möglichst hohe Produktion ausgelegt. Womit man im Moment noch nicht spart, das sind Arbeitskräfte.

Sehen wir uns als Beispiel für eine solche Münzstätte die "monnaie de Paris" an. Oder vielmehr, belauschen wir zwei Freundinnen bei einem Kaffeeklatsch. Die Gastgeberin hat gerade die Stadt Paris besucht und erzählt ihrer Freundin nun von ihren Erlebnissen. Aber weder Montmartre noch der Eifelturm wirken besonders exotisch auf ihren Gast. Endlich, mit einer Schilderung ihres Besuches in der französischen Münzstätte, erregt sie die Aufmerksamkeit und auch ein klein wenig den Neid der Freundin! Was für ein Glück, daß unsere ungenannt bleiben wollende Dame in Paris ein Postkartenbüchlein der Münzstätte als Souvenir gekauft hat. Blättern wir ein bißchen mit ihr in diesem Büchlein und hören wir ihren Schilderungen zu.

 

Sprecherin F1: Wie es in Paris war? Aber wundervoll, alles genauso wie man es sich vorstellt. Nun ja, das Moulin Rouge hat bestimmt schon mal bessere Tage gesehen. Und die Restaurants am Montmartre, der reinste Nepp. Aber wenn Du ganz oben auf dem Eifelturm stehst und hinunter siehst auf das Lichtermeer der Stadt, ja Paris ist eben Paris. ... Das hast Du auch schon alles gesehen? Ja, klar, das sind die Punkte die eben alle Touristen ablaufen. Aber warst Du schon mal in der französischen Münzstätte? Nein, nun die ist wirklich einen Besuch wert.

Das Gebäude stammt aus dem späten 18. Jahrhundert. Ludwig XV. hat einen Wettbewerb veranstaltet, als die alte Münzstätte für das französische Königreich zu klein geworden war. Der Architekt Jacques Antoine hat ihn gewonnen und der soll mit seinem Bau so zufrieden gewesen sein, daß er sich ein lebenslängliches Wohnrecht darin ausbedungen hat. Und das bei dem Lärm, den die Münzprägung macht! Also, wie wir da vor diesem Gebäude stehen und uns den Eingang ansehen, da beginnt doch gerade eine deutschsprachige Führung. Wir haben gefragt, ob wir uns anschließen dürfen, und schon waren wir auf dem Weg in die Münzstätte. Das nennt man doch wirklich Glück.

 

Als erstes sind wir in die Schmelze gegangen. Da war es vielleicht heiß, das kann ich Dir sagen. Bis zu 1.500 Grad hat uns der Führer gesagt, kann man in den gewaltigen Öfen erreichen, um das Metall zu schmelzen, aus dem die Münzen gemacht werden. Zwei Münzarbeiter haben extra für uns gezeigt, wie die Barren hergestellt werden, die die Ausgangsbasis für die Münzrohlinge sind. Also, sie haben das flüssige Metall unten in die Form hineingegossen. Schau, in diese große Öffnung, dann kippen sie das Ganze und das Metall fließt hinunter in die Form. Man läßt das dann auskühlen, öffnet die Form und hat genau die langen Stangen, die man als Ausgangsbasis für die Herstellung der Schrötlinge braucht. Von jedem Guß wird übrigens eine Probe aufgehoben, die im Labor ganz genau untersucht wird. Schließlich garantiert die Münzstätte dafür, daß die Münzen genau die versprochene Reinheit aufweisen. Man hat mir erzählt, daß auf jeder Münze, die aus dieser Münzstätte kommt, ein kleines Füllhorn links neben der Jahreszahl zu sehen ist. Ich hatte noch nie darauf geachtet. Aber es stimmt.

 

Danach sind wir in einen riesigen Saal gegangen. Es war ein enormer Lärm. Man konnte die Erklärungen nur mit Mühe hören. Aber verstanden habe ich, daß da die Schrötlinge hergestellt werden. Also, ein Schrötling ist das, auf das später die Münze geprägt werden soll. Und um die herzustellen, braucht man erst einmal ein langes Metallband. Das wird hier auf der rechten Seite des Saales hergestellt. Eine Streckbank neben der anderen. Und überall werden die Barren immer dünner und dünner gewalzt. Man hat uns erklärt, daß dazwischen das Metall immer wieder erhitzt werden muß, um seine Geschmeidigkeit zu erhalten. Wenn dann der Streifen genau die Dicke hat, die später der Schrötling haben soll, kommt er hinüber auf die andere Seite. Dort stehen Stanzen, die in wahnsinniger Geschwindigkeit aus dem Zain Münzronden ausstanzen. Was ein Zain ist? So nannte unser Begleiter die gewalzten Silberstreifen, aus denen die Schrötlinge ausgestanzt werden. Danach sollen diese Schrötlinge in elektrischen Induktionsöfen erhitzt werden. Davon sind sie ganz schwarz und müssen erst wieder in einer Säurelösung gesäubert werden. Man trocknet sie danach. Und weißt Du wie? Indem man sie einfach in ein Faß mit Sägespänen wirft. Kaum vorzustellen! Dann werden sie noch kontrolliert, um diejenigen auszuscheiden, die nicht so aussehen wie sie es sollen. Dann können sie geprägt werden.

 

Der Lärm in der Prägehalle war fast noch größer als in dem Saal vorher. 10 Münzpressen habe ich dort gezählt und alle prägten auf Teufel komm raus. Nun ja, immerhin werden in Paris im Jahr 674 Millionen Münzen geprägt, eine ganz schöne Anzahl. Durchschnittlich werden dafür im Laufe eines Jahres 2.000 Tonnen Metall vermünzt. Wie genau die Prägung funktioniert, das haben wir von unserem Standort nicht sehen können. Der Führer hat irgendwas erklärt von Prinzip der Uhlhornschen Kniehebelpresse, was immer das auch sein mag. Also, jedenfalls geschieht das alles vollautomatisch. Der Mann an der Münzpresse muß nur noch die Schrötlinge nachfüllen und die geprägten Stücke wegnehmen. Und damit er sich dabei nichts unter den Nagel reißen kann, haben die sich dafür ein ganz besonders schlaues System ausgedacht. Jeder Arbeiter erhält nämlich bei Arbeitsbeginn ein genau abgezähltes Kontingent von Schrötlingen. Bei Gold sind es 10 Tabletts, bei Silber 21. Und auf jedem Tablett liegen dann 1.000 bis 5.000 Rohlinge. Wenn er die geprägten Münzen wieder auf seinem Tablett zurückgibt, sieht der Aufseher gleich mit einem Blick, ob etwas fehlt oder nicht.

 

Man hat uns dann noch in den Raum geführt, wo die Medaillen hergestellt werden. In Frankreich soll Ludwig XIV. es eingeführt haben, daß der Staat sich selbst auf seinen Medaillen darstellt. Und diese Tradition hat sich bis heute erhalten. Ja, Du kannst da noch die Medaillen Napoleons kaufen. Die Originalstempel liegen vor und auf Bestellung prägen die Dir nach, was Du willst. Dafür haben sie 17 Maschinen, die ganz anders aussehen wie die normalen Münzpressen. Sie nennen sie „Friktionspresse“. Oben wird mit Hilfe eines Motors ein gewaltiges Schwungrad in Bewegung versetzt und dann saust der Stempel mit einem Druck von bis zu 400 Tonnen hinunter. Nur mit diesen Maschinen kann man das hohe Relief erreichen, das die französischen Medaillen aufweisen.

 

Ja, und dann gibt es in der Münzstätte noch einen eigenen Raum dafür, die Oberflächen der Medaillen zu bearbeiten. Damit sie älter oder wertvoller wirken. Die sind ja alle schön blank, wenn sie geprägt werden. Sammler scheinen lieber Stücke zu haben, auf denen sich eine Patina befindet, Münzen also die nicht mehr so sehr glänzen. Ja, und weil so eine Patina normalerweise nur über eine lange Zeit hinweg entsteht, wird in diesem Atelier die Färbung mittels Chemikalien erzeugt. Außerdem versilbern und vergoldet man in diesem Raum Medaillen, damit man auch für wenig Geld Stücke kaufen kann, die aussehen als seien sie von purem Gold. Na, das muß ein gutes Geschäft sein. Denn stell Dir vor, die vergolden oder versilbern 12.000 Medaillen im Monat.

 

Am Schluß haben sie uns dann noch in ihr Museum geführt. Das hat man unter Ludwig XVI. eingerichtet. Zunächst war es eine Sammlung von Mineralien, angeschlossen an ein Institut für Mineralogie, das im gleichen Gebäude untergebracht war. Man hat damals nämlich gedacht, daß die Mineralogie und die Münzkunde benachbarte Wissenschaftsgebiete seien; schließlich drehen sich beide um Bodenschätze. Ja, und im Jahre 1824 ist dann die Mineralogie ausgezogen. Die Münzstätte hat daraufhin die Räume in Beschlag genommen und dort aus ihren Beständen eine Ausstellung eingerichtet. Du siehst in den Vitrinen alles, was jemals von der Münzstätte Frankreichs geprägt wurde, außerdem Stempel und alles mögliche, was mit Prägung zu tun hat.

Aber natürlich kannst Du bei Deinem nächsten Parisbesuch die Münzstätte besichtigen. Sie ist jeden Werktag am Nachmittag geöffnet. Und am Dienstag und Donnerstag gibt es Führungen, allerdings in französisch, denn so ein Glück wie wir es gehabt haben, hat man nur selten.

 

  • Bern 2003

 

Kommentator M1: Und damit sind wir tatsächlich in der Gegenwart angelangt. Wie heute die Schweizer Münzen hergestellt werden, erfahren Sie bei einem Besuch der Swissmint, der im Herbst des Jahres 2003 stattgefunden hat. Begleiten Sie die Journalistin Heidi Jäger auf ihrem Rundgang durch die Münzstätte.

 

Sprecher M2: Kommen Sie herein, Frau Jäger. Und, war es schwierig uns zu finden? Ich gebe zu, wir sind hier in Bern ein bißchen versteckt, aber Publikumsverkehr haben wir eigentlich sonst überhaupt keinen. Wie gefällt Ihnen unser Domizil? Der Bau, in dem wir uns befinden, ist noch die alte Münzstätte, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet wurde, genauer gesagt zwischen den Jahren 1903 und 1906. Damals setzten die Handwerker noch ihren Stolz in eine künstlerische Ausführung. ... Ja, Sie haben recht, wunderschön ist es hier.

 

Ja, dieses Gebäude ist extra für uns entworfen worden. Sehen Sie die beiden Münzen über dem Eingang? Kommen Sie weiter, wir gehen zuerst in die Büros hinauf.

 

Unten findet die Produktion statt. Die meisten Maschinen sind viel zu schwer um wo anders stehen als im Erdgeschoß. Oben ist die Verwaltung untergebracht und der Verkauf. Sie wissen ja, das Marketing wird immer wichtiger heutzutage. Was interessiert Sie eigentlich? ... Ah, ein Prägevorgang von Anfang bis Ende, von der Schrötlingsherstellung bis zum fertigen Produkt? Tut mir leid, das können Sie hier nicht mehr sehen. Die Schrötlingsproduktion haben wir nicht mehr im Hause. Unsere Schrötlinge kaufen wir fertig ein. Aber ich habe ein paar Bilder da, anhand derer ich Ihnen das nötige in meinem Büro erklären kann. ... Ja, die Stempel stellen wir selbstverständlich selbst her. Das können Sie sich ansehen, und die Prägung wird natürlich auch hier gemacht. Wieviel Mann hier noch beschäftigt sind? Nun 12 in der Produktion und 8 in der Verwaltung. Ja, wirklich, das genügt vollkommen, um ein Land wie die Schweiz mit Münzen zu versorgen.

 

Also, wo waren wir? Ach ja, Schrötlingsproduktion. Es gibt dafür in Europa mehrere spezialisierte Firmen. Wir haben keinen festen Lieferanten, aber die Bilder, die ich Ihnen hier zeige, wurden bei der Firma Eurocoin aufgenommen. Auf diesem Bild sehen Sie die Schmelze. Alles läuft hier vollautomatisch ab. Computer sorgen dafür, daß von jedem Bestandteil, der in der Legierung sein soll, genau die aufs Milligramm abgemessene Menge beigegeben wird. Die Legierung wird nach den Wünschen der Besteller geliefert. Übrigens hat man mir erzählt, daß es genau wie früher in den alten Prägeanstalten noch einen Münzprüfer gibt, der mit seinen menschlichen Methoden zusätzlich überprüft, ob die Legierung optimal ist. Erst wenn er die Erlaubnis erteilt, wird die flüssige Metallmasse in Form gegossen.

 

Das, was beim Guß entsteht, nennt man im Fachjargon „Strang“. Es handelt sich dabei um einen Metallblock von 6 Meter 50 Breite, 1 Meter 50 Höhe und 7 Meter Länge. ... Ja, Sie haben richtig gehört, 7 Meter Länge. So ein „Strang“ wiegt gut und gern seine fünfeinhalb Tonnen. ... Nein, natürlich kann man daraus keine Schrötlinge machen. Dieser Strang wird gewalzt, geglüht und wieder gewalzt bis er etwa die Dicke von 2 Millimetern erreicht hat. 450 Meter ist ein Strang in dieser Dicke lang. Jetzt heißt er übrigens nicht mehr „Strang“, sondern „Coil“, er wird aufgerollt und in die Halle zur Münzrondenherstellung verbracht. ... Ja, natürlich haben Sie recht. Ein Coil ist nichts anderes als ein Zain.Ich sehe, Sie kennen sich aus. Ich bin ja auch gegen die vielen englischen Lehnwörter, aber die Sprache der Technik ist heute nun mal englisch. Hier sehen Sie übrigens so einen Coil, bereits eingespannt zum Stanzen.

 

Jetzt läuft alles vollautomatisch. Der Coil wird durch eine Stanze geführt, die einen Schrötling nach dem anderen ausstanzt. Das geht wie beim Plätzchen backen, nur ein bißchen schneller. Das restliche Metall, das nicht ausgestanzt wird, hexelt man direkt vor Ort und schickt es zurück in die Schmelze.

 

Die Schrötlinge werden gleich beim Hersteller gerändelt, also durch eine Maschine geschickt, die jeden Rohling durch eine Metallschiene führt, die ihm einen Raum läßt, der leicht kleiner ist, wie er selbst. Dadurch wird der vom Stanzen scharfe Rand geglättet und der Ronde eine gestauchte Kante verliehen. ... Ja, natürlich gibt es eine Endkontrolle. Bei Eurocoin haben sie dafür vier Kameras, die bis zu 35 Stücke gleichzeitig in ihr elektronisches Auge fassen und auf Fehler untersuchen können. Wir erhalten die Ronden palettiert geliefert. ... Ja, ich zeige Ihnen unten, wie die Dinger aussehen, wenn sie bei uns ankommen.

 

Aber selbstverständlich werden die Stempel bei uns hier im Hause angefertigt. Da kann ich Ihnen wirklich jeden einzelnen Schritt zeigen. Ich habe mir gedacht, ich demonstriere Ihnen das Ganze am Thema Sondermünzen, das ist spannender und da kann ich Ihnen auch mehr zeigen. Wir bereiten gerade für den Januar 2004 eine Sondermünze vor, die auf der Bildseite das Matterhorn zeigt. Kommen Sie mit ins Erdgeschoß, ich zeige Ihnen, wie aus dem Künstlerentwurf ein fertiger Stempel entsteht.

 

Also den Entwurf für die Sondermünze „Matterhorn“ hat Stefan Bundi geliefert. ... Nein, natürlich nicht dreidimensional. Sehen Sie das Papier links von unserem Stempelschneider? Ja, genau, das ist der Originalentwurf des Künstlers. ... Ja, es gibt Vorgaben für den Künstler, aber die sind eigentlich nur technischer Natur. Er darf zum Beispiel mit seinem Motiv einen bestimmten Abstand zum Rand nicht unterschreiten und seine Skizze muß genau 20 Zentimeter im Durchmesser sein, damit wir seine Zeichnung mit Hilfe von Durchzeichenpapier 1:1 auf unsere Gipsplatten übertragen können. Dann wird sie von unserem Graveur in die dritte Dimension übertragen.

 

Die Gipsplatte wird danach in Silikon abgegossen, das Silikonmodell wird in Kunstharz umgegossen und dieser Kunstharzabdruck ist dann unsere Ausgangsbasis für die Reduziermaschine. Dort wird aus der Kunstharzplatte von 200 Millimetern Durchmesser eine Vorlage für die zukünftigen Stempel im originalen Format hergestellt.

 

Der aufwändige Apparat basiert auf demselben Prinzip wie der Pantograph, der Ihnen sicher noch aus Ihrer Kindheit vertraut ist. Nur daß unser Pantograph natürlich noch in der dritten Dimension funktioniert. Ein langer Arm fährt jede Erhebung des Modells kreisförmig ab und überträgt seine Bewegungen im Kleinen auf einen ungehärteten Stahlrohling.

 

Nein, damit ist noch lange kein Stempel fertig. Jetzt wird der Stahlrohling erst einmal per Hand mit einem Stichel überarbeitet, um noch die letzten Feinheiten im Relief herauszuholen. ... Nein, von bloßem Auge hätten Sie keine Chance so fein zu arbeiten. Unser Stempelschneider benutzt ein Stereo-Mikroskop mit bis zu 50facher Vergrößerung. Dieser Schritt ist der kitzligste. Stellen Sie sich vor, mit einem einzigen Abrutschen des Stichels kann die ganze Arbeit zunichte sein. Und das würde bedeuten, daß 20 bis 400 Arbeitsstunden einfach für die Katz wären, je nach dem wie aufwändig das Münzbild war. ... Nein, das fertige Produkt ist immer noch nicht der Stempel, mit dem unsere Münzen geprägt werden. Er ist lediglich die Ausgangsbasis.

 

Von diesem „Urstempel“ wird nun ein positiver Abdruck genommen, der dann wie ein richtiger Stempel in Form gedreht. Danach kommt er in den Vakuumhärteofen, ja, dort hinten sehen Sie einen, er ist gerade aufgemacht worden, mhm. Mehrere Abdrücke wurden darin ausgehärtet. Dafür wurden Sie bei Temperaturen von bis zu 1100 Grad geglüht. Jetzt tauchen wir sie gleich in ein Ölbad. Dadurch verändert sich das Kristallgefüge des Metalls. Die Stempel sind nun hart und spröde und immer noch nicht geeignet, um zu prägen. Um die ideale Härte zu erreichen, kühlen wir die Stücke noch auf minus 75 Grad ab, und erwärmen sie diesmal auf 540 Grad. Jetzt können sie den Druck zwischen 80 und 300 Tonnen aushalten, mit dem sie in weitere ungehärtete Stempelrohlinge gedrückt werden.

 

Also, dieser Prozeß der Umprägung wird mehrmals durchgeführt. V

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