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Sagenhaftes Sybaris: Von Glanz und Untergang einer vielbeneideten Polis, die für Griechen sprichwörtlich für Reichtum, Luxus, Laissez-faire stand (510 v. Chr.)

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Sie waren berühmt für ihren Luxus, diese Sybariten, deren Stadt im Jahre 510 v. Chr. vernichtet wurde. Viel berühmter hätten sie sein müssen für die wahrscheinlich erste Währungsunion der Geschichte, der sie angehörten.

 

Begleiten Sie uns auf unserer Reise durch die Welt des Geldes. Heute machen wir Halt in Sybaris. Wir befinden uns in den Jahren zwischen 550 und 510 vor Christus.

 

Ein Sybarit besuchte Sparta. Er wurde freundlich aufgenommen und zum gemeinschaftlichen Mahl zugelassen. Doch die Kost war karg, die Bank war hart, das Urteil des Sybariten vernichtend: „Früher habe ich euch Spartaner wegen eurer Tapferkeit bewundert. Jetzt wundert mich euer Todesmut nicht mehr, denn selbst der größte Feigling würde lieber sterben als ein solches Leben zu Ende leben.“

 

Der reiche Sybarit Smindyrides zog nach Sikyon, um die Tochter des Tyrannen zu freien. Man bereitete ihm ein Lager aus Rosenblättern, über deren Härte und Unbequemlichkeit sich Smindyrides am Morgen bitterlich beklagte.

 

Ein Sybarit wollte nach Kroton fahren und mietete ein Schiff nur für sich allein. Er versuchte seinen Freund dazu zu überreden, ihn zu begleiten, indem er sagte: „Ich habe mit dem Kapitän vereinbart, dass er sich nahe am Land hält.“ Entsetzt antwortete der Freund: „Was? Ich würde mich kaum zu einer Landreise längs der See überreden lassen, geschweige denn zu einer Seereise längs des Landes.“

 

Solche und ähnliche Geschichten erzählten sich die Griechen in der Antike. Sybaris galt als Synonym für ein luxuriöses Lotterleben. Dabei können die viel geschmähten Sybariten gar nicht so unfähig gewesen sein, denn sie brachten es zu enormem Reichtum.

 

Sybaris wurde um 720 v. Chr. in einer fruchtbaren Ebene am Golf von Tarent gegründet. Schnell wuchs die Stadt zu enormer Größe. Diodorus Siculus berichtet, dass dies nicht nur wegen der Fruchtbarkeit der Felder geschah, sondern auf Grund der bemerkenswerten Tatsache, dass die Sybariten jedem, der sich in ihrer Stadt ansiedeln wollte, das Bürgerrecht schenkten. Das war für antike Ohren unglaublich und würde wohl auch heute noch manch konservativen Politiker verstören. 300.000 Einwohner soll – wenn wir Diodor glauben wollen – die Stadt kurz vor 500 v. Chr. gehabt haben. Ihre Bürger herrschten über vier Stämme und 25 unterworfene Städte!

 

In dieser Zeit entstand die Münze, die ich Ihnen hier zeige. Im Abschnitt sind die ersten Buchstaben des Stadtnamens angegeben, ein Sigma und ein Ypsilon. Darüber ist ein Stier abgebildet, der seinen Kopf zurückwendet. Das ist eine künstlerisch sehr anspruchsvolle Lösung, die den Stierkörper optimal in das Münzrund einpasst. Wahrscheinlich steht dieser Stier für die Flüsse Krathis und Sybaris, der die Ebene ihre Fruchtbarkeit verdankte.

 

Schließlich wurden Flussgötter in Griechenland häufig in Stiergestalt dargestellt, wie hier auf diesem Beispiel aus Gela. Man glaubte eine Wesensverwandtschaft zu erahnen zwischen dem Fluss, den das Hochwasser jedes Frühjahr zu einer reißenden Flut werden ließ, und dem anstürmenden Stier.

 

Die Rückseite entspricht nicht dem, was wir von griechischen Münzen erwarten. Sie greift die Abbildung der Vorderseite auf, zeigt die Darstellung aber inkus, also vertieft.

 

Viele benachbarte Städte prägten zeitgleich Münzen mit dem gleichen Gewicht, die ganz ähnlich gemacht waren: Die Vorderseite ausgeführt, die Rückseite mit dem gleichen Motiv, aber inkus. So zum Beispiel

 

- Metapont mit Ähre

- Kroton mit Dreifuss

- Kaulonia mit Apoll

- Poseidonia mit Poseidon

 

und Laos mit dem menschenköpfigen Stier.

 

Man kann sich heute gut vorstellen, dass all diese Münzen zu einer Art frühen Währungsunion gehörten, und dass man mit ihnen in allen teilnehmenden Städten bezahlte. Vielleicht war das reiche Sybaris der Initiator. Immerhin waren zwei der fünf Städte Kolonien von Sybaris: Poseidonia und Laos.

 

Wie auch immer, Sybaris sollte im Jahr 510 untergehen. Diodor berichtet, dass die Sybariten beschlossen, die fünfhundert reichsten Bürger zu verbannen und ihren Reichtum zu konfiszieren. Als die Exilierten nach Kroton flohen, verlangten die Sybariten ihre Auslieferung. Doch die Krotoniaten entschlossen sich, die Flüchtlinge zu schützen. Es kam zur Entscheidungsschlacht. Kroton siegte, und Sybaris wurde dem Erdboden gleich gemacht. Im Altertum wurde das als Strafe für die Hybris empfunden, mit der sich die Sybariten dem Luxus ergeben hatten.

 

Auch wenn das sicher ein literarischer Topos ist, der mit den tatsächlichen Geschehnissen im Jahr 510 nichts zu tun hat: von Sybaris ist außer den Münzen wirklich nicht viel geblieben, das uns einen kleinen Blick auf den einstigen Reichtum der Stadt gewährt!

 

Danke fürs Zuhören. Und Sie finden noch viele weitere Podcasts rund ums Thema Geld auf der Seite der Sunflower Foundation.

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