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Kaiserliche Klone? Über die Tetrachie und ihr numismatisches Zeugnis in Pavia, 295 n. Chr.

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Das römische Reich war so gross, dass ein Kaiser alleine die Grenzen nicht alleine verteidigen konnte. Wie löste er das Problem? Ganz einfach, man holt sich Helfer. Kaiser Diocletian war darin ganz besonders tüchtig. Er schuf die Tetrarchie und verwaltete mit seinen drei Kollegen sehr erfolgreich das römische Imperium.

 

 

Begleiten Sie uns auf unserer Reise durch die Welt des Geldes. Heute machen wir Halt im römischen Ticinum, dem heutigen Pavia. Wir befinden uns im Jahr 295 nach Christus.

 

Das römische Reich war groß, verdammt groß. Es war so groß, dass ein einzelner Mann keine Chance mehr hatte, es zu verteidigen. Was sollte er tun, wenn im Osten die Parther einfielen, während er an der Nordgrenze gegen germanische Stämme kämpfte?

 

Wo immer Soldaten das Gefühl hatten, ihr Kaiser kümmere sich nicht genug um ihre Front, riefen sie einen Gegenkaiser aus. Der schlug erst einmal die Feinde zurück und zog dann nach Rom, um das Gesamtreich zu gewinnen. Wie viel Ressourcen wurden vergeudet, weil die Römer nicht gegen äußere Feinde, sondern gegeneinander kämpften!

 

Um es allen recht zu machen, hätte ein Kaiser sich schon klonen müssen. Söhne waren keine Lösung. Sie waren meist zu jung oder unfähig. Wie also konnte die große Aufgabe auf viele Schultern verteilt werden?

 

Hoppla, was haben wir denn da? Da opfert nicht ein Kaiser vor dem Lager, sondern gleich vier. Alle sehen sie gleich aus. Sie sind identisch gekleidet, haben die gleiche Größe, nichts zeichnet einen von ihnen als den Bedeutendsten aus.

 

Genauso treten uns die vier Männer entgegen, die an einer Ecke des venezianischen Markusdoms eingemauert sind. Alle gleich groß, alle gleich gekleidet, alle tragen dasselbe Prunkschwert und alle haben sogar die gleichen Gesichtszüge. Der geklonte Kaiser. Aus einem mach vier. Oder wie die Historiker es nennen: Tetrarchie.

 

Der Mann, der es schaffte, seine Macht mit drei Männern zu teilen, hieß Diocletian. Er stammte aus einfachsten Verhältnissen. Über die ersten vierzig Jahre seines Lebens wissen wir nicht mehr, als dass er ins Heer eintrat und dort Karriere machte. Am 20. November 284 riefen ihn seine Kameraden zum römischen Kaiser aus.

 

Diocletian musste nun die gleichen Probleme lösen wie seine Vorgänger. Die Quaden und die Markomannen bedrängten die Rheingrenze, und die Sasaniden würden es bald wieder tun. In Britannien gab es Ärger, in Germanien Aufstände, und das waren nur die wichtigeren Krisenherde.

 

Andere Herrscher hatten Verwandte gehabt, an die sie Aufgaben delegierten. Meist waren die Beauftragten damit hoffnungslos überfordert. Diocletian hatte niemanden. Er konnte sich seine Helfer frei wählen. Und darin war Diocletian großartig. Er teilte seine Macht mit fähigen Männern, die bereit waren, sich ihm unterzuordnen.

 

Sein erster Helfer hieß Maximianus. Auch er hatte im Heer Karriere gemacht und Diocletian wird ihn gut gekannt haben.

 

Diocletian teilte das Reich. Er kümmerte sich um den Osten, Maximian um den Westen. Natürlich nicht als Gleichgestellter. Diocletian behielt das letzte Wort. Dies wird sofort deutlich, wenn wir uns die Goldmünzen ansehen. Die waren für die Oberschicht gedacht, und die sollte wissen, wie die Macht im Reich tatsächlich verteilt war.

 

Während Diocletian sich mit Iuppiter verband, wies er Maximian den Hercules zu. Hercules war der Sohn des Iuppiter und damit eindeutig von niedrigerem Rang. Hier sehen wir Hercules beim Kampf gegen die Hydra. Sie kennen die Geschichte: Die Hydra war ein Ungeheuer, der zwei Köpfe nachwuchsen, wenn man einen abschlug. Und genauso werden sich Diocletian und Maximian vorgekommen sein. Ihr Tag nahm kein Ende. Für jeden Sieg brachen zwei neue Aufstände aus.

 

So kamen zwei zusätzliche Kaiser dazu: Galerius, dessen Münze wir hier sehen, und Constantius Chlorus.

 

Und alle sahen sie gleich aus. Wer nicht lesen konnte, der war nicht in der Lage zu unterscheiden, welcher Kaiser auf einer Münze abgebildet war.

 

Das war Politik. Geprägt wurde nun auch im gesamten Reich, und zwar vor allem dort, wo das Heer seinen Sold haben wollte. Alle Münzstätten prägten für alle vier Herrscher. Die Porträts wurden dabei einander so angeglichen, dass sie keine individuellen Züge mehr aufwiesen.

 

Auch die Münzen der einzelnen Münzstätten waren kaum mehr voneinander zu unterscheiden. Die Stempelschneider erhielten exakte Vorgaben, nach denen das Porträt und die Rückseite gestaltet werden musste.

 

Unser Stück kommt aus Ticinum, aus der oberitalienischen Stadt Pavia.

 

Seine Darstellung unterscheidet sich nicht wesentlich von der gleichzeitigen Münze aus dem thrakischen Herakleia, dem syrischen Antiochia oder dem gallischen Trier.

 

Die Bilder wurden austauschbar, genau wie der Mann an der Spitze.

 

Kein Wunder, dass Diocletian nach 21 Jahren beschloss, dass er genug gearbeitet hatte, und in Rente ging. Er war überzeugt, dass er ersetzbar sei.

 

Das war ein Irrtum. Die emotionslose Förderung der tüchtigsten Heerführer endete sofort, weil seine Kollegen Kinder gezeugt hatten. Sie alle wollten ihren Nachfahren ihr Amt hinterlassen. Der nächste Bürgerkrieg war vorprogrammiert. Er sollte viel Blut fließen, bis der skrupelloseste aller Tetrarchensöhne das römische Reich wieder in seiner Hand vereinte.

 

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